In den frühen 1980er-Jahren soll die sogenannte "Killerbande von Brabant" zahlreiche Überfälle und Einbrüche verübt und dabei skrupellos und brutal gemordet haben. Am Ende waren 28 Menschen tot, über 20 weitere wurden verletzt. Belgien war in Schock – und ratlos, was die Täter oder Hintergründe der Taten anging. Vor sechs Jahren hat dann die Föderale Staatsanwaltschaft die Ermittlungen an sich gezogen, um zu versuchen, mit modernster Technik und frischem Blick den Fall doch noch aufzuklären. Doch am Freitag hat sie mitgeteilt, dass sie die Einstellung der Ermittlungen beantragen wird.
Es war ein bitterer Termin im Justitia-Gebäude in Brüssel - zunächst und vor allem natürlich für die Angehörigen und die überlebenden Opfer. Denn es kann nur wehtun zu hören, dass die Wahrheit vermutlich nie ans Licht kommen wird. Aber auch für die Föderale Staatsanwaltschaft ist es ein schwarzer Tag - war sie doch auch angetreten, um vergangene Fehler von Polizei und Justiz wiedergutzumachen und doch noch Antworten zu finden. Der Fall wird in den Augen vieler Menschen also weiter ein Schandfleck der belgischen Justizgeschichte bleiben.
Sie wäre ihnen lieber unter anderen Umständen entgegengetreten, räumte die föderale Prokuratorin Ann Fransen gegenüber den versammelten Angehörigen und Opfern ein. Denn die Botschaft, die sie überbringen müsse, sei nicht angenehm. Deswegen falle es ihr auch schwer. Man habe alles darangesetzt, um Antworten zu finden, betonte Eric Van der Sypt von der Föderalen Staatsanwaltschaft. Aber leider sei das nicht geglückt.
Enormer Aufwand bei Ermittlungen
Dass die Föderale Staatsanwaltschaft einen enormen Aufwand betrieben hat, ist jedenfalls sicher. Im Prinzip haben die Ermittler quasi noch einmal bei Null begonnen – zumindest, soweit das noch möglich war. Daran wollte auch die föderale Prokuratorin keinen Zweifel aufkommen lassen.
Insgesamt seien 1.815 Hinweise und Informationen untersucht worden, so Fransen, es seien 593 DNA-Proben genommen und abgeglichen worden, plus 2.748 Fingerabdrücke. Während der Ermittlungen seien sogar die körperlichen Überreste von mehr als 40 Personen exhumiert worden und umfangreiche ballistische Untersuchungen durchgeführt worden. Aber leider hätten diese Jahre intensiver Spurensuche nicht zum erhofften Ergebnis geführt. Den Ermittlern blieben damit keine weiteren Spuren mehr, an denen sie noch weiterarbeiten könnten.
Wenig Verständnis für Einstellung
Manche der anwesenden Opfer und Angehörigen reagierten mit einem gewissen Verständnis auf diese Mitteilung, die ja auch nicht wirklich überraschend kam. Aber die vorherrschenden Gefühle bei vielen waren dennoch vor allem Erschöpfung und immer wieder Enttäuschung. Bei anderen war auch Wut zu spüren und Fassungslosigkeit.
"Viel Blabla" habe die Staatsanwaltschaft da geliefert. Und sie habe vor allem ihre Unfähigkeit unter Beweis gestellt, sagte etwa eine Frau. Man wisse ja, was da seit 30, 40 Jahren laufe. Und seit den 1990er-Jahren sei klar, dass die Ermittlungen nie zu etwas führen würden, empört sich ein Anwalt. Denn zumindest einige der Anwesenden scheinen fest davon überzeugt, dass der Staat oder einflussreiche Personen vertuscht haben, was damals wirklich passiert ist - selbst wenn die Ermittlungen auch dafür keine Anhaltspunkte gefunden haben.
Ob nun tatsächlich ein Schlussstrich unter die Killerbande von Brabant gezogen wird, wird man dennoch abwarten müssen. Rein formell betrachtet ist es die Ratskammer, die darüber entscheidet. Außerdem haben die Angehörigen die Möglichkeit, weitere Untersuchungen zu beantragen. Und schließlich kann der Fall auch wieder aufgerollt werden, falls neue Informationen auftauchen sollten. Die Taten können dank einer Gesetzesänderung nämlich nicht verjähren. Wie wahrscheinlich das nach all den Jahren ist, steht freilich auf einem ganz anderen Blatt.
Aber unabhängig davon, was die Justiz entscheidet: Für die Opfer und Angehörigen wird der Fall nie abgeschlossen sein…
Boris Schmidt