Dramatische Musik als Einleitung für ein tatsächlich spektakuläres Video. Dann tritt ein maskierter, junger Mann vor die Kamera: "Da oben", und die Kamera macht einen Schwenk auf den Turm einer Kathedrale. Und man erkennt sie sofort: Das ist die Onze-Lieve-Vrouwekathedraal von Antwerpen. Und dann geht's los.
Zwei junge Männer pirschen sich regelrecht an die Kathedrale heran. Der Zuschauer ist immer dabei. Einer der beiden trägt wohl eine Kopfkamera. Sie müssen erstmal Höhe gewinnen. Über eine Regenrinne geht's rauf aufs Dach der Kathedrale. Was sie machen, das ist natürlich vollkommen illegal. Sie dürfen nicht gesehen werden.
Die beiden Kletterer schleichen weiter über das Dach. "Roofer" nennt man solche Leute, die illegal Gebäude erklettern, abgeleitet vom englischen Wort "roof" eben für Dach. Irgendwann treffen die beiden auf eine Tür, und darüber gelangen sie in den Innenraum der Kathedrale. Sie stehen unter anderem auf der Orgelbühne, und blicken hinunter in den Chorraum.
In besagtem Innenraum sind unbezahlbare Kostbarkeiten ausgestellt. Unter anderem hängt dort ein Rubens. Doch dafür sind die Jungs nicht hier. Eigentlich haben sie auch gar keine Zeit, den Anblick lange zu genießen. Sie sind ja längst noch nicht da, wo sie hinwollen. Sie suchen nach einer Treppe nach oben - und finden tatsächlich eine.
Oben angekommen stellen die Männer aber fest, dass sie immer noch ein gutes Stück vor sich haben. Irgendwie schaffen sie es an den Fuß des Turmes. Und dann müssen sie an der Fassade hochklettern. Die beiden arbeiten sich buchstäblich immer weiter nach oben. Eine, im wahrsten Sinne des Wortes, halsbrecherische Aktion.
Nach einer gefühlt endlosen Plackerei sind sie endlich am Ziel. Und es sind tatsächlich grandiose Bilder. Doch wollen sich die Jungs offensichtlich selbst ein Denkmal setzen. Sie klettern hoch bis ganz oben, bis an die Wetterfahne: 123 Meter über dem Boden. Mit einer Hand halten sie sich in schwindelnder Höhe daran fest und lassen sich von einer Drohne filmen. Man muss zugeben: tolle Bilder, wenn die Aktion nicht so irre wäre. Dessen sind sich die Jungs im Übrigen selbst durchaus bewusst und warnen: "Nicht nachmachen".
Noch besser wäre natürlich gewesen, wenn sie ihre Aktion gar nicht hätten durchziehen können. "Naja, wir haben hier durchaus eine Alarmanlage", sagte in der VRT Bart Paepen, Priester in der Kathedrale von Antwerpen. Diese Alarmanlage deckt allerdings nur den Boden ab, nicht den Bereich zwischen Himmel und Erde. "Wir werden unser Alarmsystem wohl ausbauen müssen", sagt Paepen.
In Antwerpen ist man in jedem Fall "not amused". Nicht nur, dass die Aktion illegal war, es stellt sich natürlich auch die Frage, ob die beiden "'Roofer" nichts beschädigt haben. Ein Spezialunternehmen soll jetzt damit beauftragt werden, die Spitze und insbesondere die Wetterfahne nach möglichen Schäden zu untersuchen.
"Hoffentlich wird niemand durch diese Aktion ermutigt, das nachzumachen", sagt Bart Paepen. Denn so etwas kann schnell schief gehen, mit potenziell dramatischen Folgen. "Und wofür dann das Ganze? Das bringt doch keinem was!"
Roger Pint