Wenn Alexander De Croo und Bart De Wever in einem Fernsehstudio aufeinandertreffen, dann ist das nie eine Schmuseveranstaltung. So auch am Dienstagabend nicht, als beide im VRT-Politmagazin "Terzake" zu einem Duell antreten mussten. Es ist kein Geheimnis, dass beide einen gepflegten Hass aufeinander kultivieren. De Wever macht keinen Hehl daraus, dass er die OpenVLD, also die Partei des Premiers, "kaputtkriegen" will.
Immerhin waren sich beide Streithähne zumindest in einem Punkt einig: Beide wollen eine Mitte-Rechts-Regierung. Sollten sich die Umfragen bewahrheiten, die ja Les Engagés und die MR im Süden des Landes im Aufwind sehen, nun, dann wäre das eine einmalige Gelegenheit, wandte sich Alexander De Croo an Bart De Wever. Dann eröffne sich die Möglichkeit, eine Regierung zu bilden, die die Reformen durchführen kann, die Flandern sich wünsche. Und so eine Chance könne man doch nicht liegenlassen.
Und, ja, er würde De Wever in einer solchen Konstellation auch das Amt des Premiers überlassen. Das sei auch vollkommen logisch, schließlich wäre die N-VA wahrscheinlich die stärkste Fraktion innerhalb einer solchen Koalition. Da gebe es allerdings eine Bedingung: Ein Premier De Wever müsse sich mit den brennenden Problemen beschäftigen und seine Zeit nicht mit einer Staatsreform verplempern.
Davon abgesehen, sagte De Croo: Eine neue Staatsreform brauche niemand, und sie fordere auch niemand. "Irrtum!", erwidert aber Bart De Wever: Sogar auch auf frankophoner Seite gebe es da eine Nachfrage: Les Engagés seien fragende Partei, und auch die MR plädiere für mehr Verantwortung auf der Teilstaaten-Ebene.
Nachdem das Thema Staatsreform in der ersten Phase des Wahlkampfes eigentlich kaum vorgekommen ist, beherrscht es jetzt also plötzlich die letzten Tage vor der Wahl. Vielleicht ist das ja ein Zeichen an der Wand mit Blick auf die Regierungsbildung nach der Wahl.
Vooruit-Chefin Melissa Depraetere kritisiert De Croo
Alexander De Croos wiederholte Plädoyers für eine Mitte-Rechts-Regierung kommen nicht überall gut an. Die Vooruit-Chefin Melissa Depraetere reagierte in der VRT "not amused". Die flämischen Sozialisten sind ja Teil der scheidenden Vivaldi-Koalition. Und sie finde es doch bizarr, dass De Croo sich so deutlich von dieser, seiner Mitte-Links-Koalition distanziere, sagte Depraetere. Denn: Von Amts wegen sei De Croo schließlich die Vivaldi-Regierung. Und in dieser letzten Woche vor der Wahl lasse er diese Equipe also einfach so fallen. Wer soll ihm das denn allen Ernstes abnehmen?
Melissa Depraetere beherrscht diese Kunst des Fallenlassens allerdings auch recht gut. Zuletzt hatte sie sich in der Zeitung Gazet van Antwerpen für einen Premier De Wever ausgesprochen, also De Croo damit auch de facto in die Wüste geschickt. Und die Vooruit-Chefin hat sich sogar von der frankophonen Schwesterpartei PS distanziert, nach dem Motto: Wir können auch ohne die PS einer Koalition beitreten. Wie war das noch mit dem Glashaus?
N-VA-Chef Bart De Wever reagiert auf Urteil
Für Bart De Wever war am Mittwoch der Wahlkampf zwischendurch aber auch mal Nebensache. In Antwerpen standen nämlich vier Männer und eine Frau vor Gericht, denen vorgeworfen wurde, Mitglieder einer Terrorgruppe zu sein. Sie wurden für schuldig befunden, einen Anschlag auf den Antwerpener Bürgermeister, also eben Bart De Wever, und auch auf ein Polizeikommissariat geplant zu haben. Zwei der Angeklagten wurden zu 13 Jahren Haft verurteilt. De Wever reagierte in der VRT erleichtert. Es sei ja nicht das erste Mal, dass er mit dem Tod bedroht werde. "Aber das war also dann doch mal eine ernstere Sache. Vielen Dank an die Polizei- und Justizbehörden, dass sie die Bedrohung ernstgenommen haben."
Vlaams-Belang-Politiker Tom Vandendriessche droht Ärger
Einem anderen Politiker könnte derweil Ärger mit der Justiz drohen. Wie die Medienhäuser Humo und Apache berichten, soll OLAF, also die EU-Anti-Korruptions-Einheit, gegen den Vlaams-Belang-Politiker Tom Vandendriessche ermitteln. Vandendriessche ist amtierender EU-Parlamentarier und Spitzenkandidat seiner Partei bei der Europawahl. Warum OLAF im Einzelnen ermittelt, ist nicht bekannt. Er selbst sprach von einem "Destabilisierungsversuch".
Roger Pint