Wolodymyr Selenskyj ist auf Europa-Tournee. Mal wieder, muss man sagen, denn der ukrainische Präsident stattet den europäischen Partnern in regelmäßigen Abständen einen Besuch ab. Und er muss ihnen dabei immer ein bisschen auf den Zeiger gehen und auf zusätzliche Waffenlieferungen dringen.
Aus seiner Sicht ist das natürlich verständlich: Seit mehr als zwei Jahren muss die ukrainische Armee den russischen Angreifern standhalten, was viele Menschenleben fordert, aber natürlich auch Material kostet. Die europäischen Staaten vermitteln ihrerseits oft den Eindruck, dass sie bei Unterstützung der Ukraine nicht richtig in die Gänge kommen.
Genau das hat Selenskyj auch am Dienstag wieder in Brüssel beklagt. Wobei man das Ganze jetzt immerhin doch mal in gewisser Weise "institutionalisiert", also in eine feste Form gebracht hat. Selenskyj und Premier Alexander De Croo unterzeichneten ein Kooperationsabkommen, in dem sich Belgien dazu verpflichtet, die Ukraine mindestens schonmal für die nächsten zehn Jahre zu unterstützen. Das beinhalte unter anderem auch Hilfe bei der Modernisierung der ukrainischen Streitkräfte, sagte Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder in der RTBF.
Belgien wird auch beim Wiederaufbau der Rüstungsindustrie in der Ukraine helfen, auch mit Unterstützung der belgischen Waffenschmieden.
Diese Modernisierung ist aber kein reines Zukunftsprojekt. "Modernisierung" bedeutet ja auch, dass der Westen den ukrainischen Streitkräften schon jetzt aktuelle Waffensysteme zur Verfügung stellt, die dann auch gleich im Abwehrkampf auf dem Schlachtfeld eingesetzt werden können.
Dazu werden bald unter anderem auch F16-Kampfjets gehören. Belgien zählt ja zu den Ländern, die sich bereiterklärt haben, Maschinen dieses Typs an die Ukraine zu liefern. Im Grunde laufe dieses Programm auch schon, sagt Ludivine Dedonder. In dem Sinne, dass Belgien ja bereits ukrainische Piloten auf F16-Maschinen ausbildet und auch mit der Schulung von Technikern und Unterhaltspersonal begonnen hat.
Doch wann werden die belgischen F16 tatsächlich an die Ukraine geliefert? Außenministerin Hadja Lahbib sagte in der VRT, dass 30 F-16-Kampfjets im Jahr 2028 in der Ukraine angekommen sein sollten. Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder ist da etwas vorsichtiger. Man werde "so schnell wie möglich" liefern, sagt die Verteidigungsministerin. Also nur dann, wenn Belgien tatsächlich auf die F16 verzichten kann.
Entscheidend ist, wann und wie schnell die neuen F35-Kampfflugzeuge in Belgien ankommen. Denn wichtig sei, dass die Sicherheit des Landes jeder Zeit gewährleistet sei. Ein zweiter Faktor sei dann noch die Verfügbarkeit von Ersatzteilen, um die F16 fit zu machen. Vorgesehen sei jedenfalls, dass Belgien mittelfristig seine ganze F16-Flotte der Ukraine überlasse.
"Unser Ziel ist es, dass gegen Ende dieses Jahres die ersten Maschinen an die Regierung in Kiew geliefert werden", bestätigte auch Premierminister Alexander De Croo am späten Vormittag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Gast. Da stellt sich aber immer die gleiche Frage: Gibt es Einschränkungen, was den Einsatz der Waffen angeht? Konkret: Ist es denkbar, dass eine ehemals belgische F16 ein russisches Kampfflugzeug angreift? "Unsere Vereinbarung legt klipp und klar fest, dass die Waffen eingesetzt werden können durch die ukrainische Armee zur Verteidigungszwecken und das auf dem Territorium der Ukraine", sagt De Croo.
Wolodymyr Selenskyj traf im Anschluss noch mit König Philippe zusammen und besuchte auch noch den Militärflughafen Melsbroek. Am Nachmittag setzte er dann seine Europa-Tournee fort. Nächster Halt: Portugal.
Roger Pint