Die Gespräche zwischen De Croo und Lahbib mit ihren Gästen aus Palästina fanden hinter verschlossenen Türen statt. Nach außen drang danach nur, was die Teilnehmer über die Gespräche mitteilen wollten.
Die belgischen Gastgeber zeigten sich besorgt um die Situation der Palästinenser sowohl in Gaza als auch im Westjordanland. Unterstützung wurde zugesichert, Israels militärisches Vorgehen verurteilt und weiter davon gesprochen, an einer dauerhaften Lösung im Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern arbeiten zu wollen. Mehr aber auch nicht. Zum Beispiel keine Ankündigung von Belgien, Palästina als eigenen Staat schon jetzt anzuerkennen.
Mustafa zeigte sich nach dem Gespräch dennoch zufrieden mit dem, was er von den Belgiern gehört hatte. "Belgien hat die Angelegenheiten der Palästinenser immer unterstützt. Auch die Themen Frieden und Palästinenserstaat haben wir im Detail besprochen. Und der Premierminister hat mir angedeutet, dass das die klare Absicht der belgischen Regierung sei. Ich hoffe, eher früher als später."
Ein bisschen Enttäuschung klang also durchaus mit in Mustafas Bilanz. Aber als Bittsteller konnte er sicher nicht mehr als nur leichte Kritik üben. Vielmehr versuchte er, die Sache positiv zu sehen. "Wir werden gemeinsam mit Belgien und der Europäischen Union daran arbeiten, in der Sache voranzukommen", sagte er. "Das ist im Interesse der Palästinenser, unserer Nachbarn in der Region, aber auch im Interesse für Frieden und Stabilität für die ganze Welt."
Die belgischen Bilanzen des Treffens waren so, wie man das erwarten konnte: Diplomatisch, mit viel Mitgefühl für die Palästinenser, aber in der Sache unbeugsam. Belgien - auch in der Rolle seiner aktuellen EU-Ratspräsidentschaft - will weiterhin zunächst eine große Gruppe von EU-Staaten für die eigene Idee gewinnen. Die sieht vor, die Militäraktionen und die Gewalt zu beenden, um dann in einem Prozess Frieden und auch Anerkennung eines Palästinenserstaates zu erreichen.
"Wenn ich diesem Ministerpräsidenten und seinen Ministern zuhöre, dann sehe ich, dass von Seiten der Palästinenser absolut die Bereitschaft dazu besteht, solche Gespräche zu führen", sagte Alexander De Croo nach dem Treffen. "Ich hoffe, dass in Kürze auch von Israel die Bereitschaft dafür da ist, um vernünftige und verantwortungsvolle Menschen an den Tisch zu setzen."
Außenministerin Lahbib äußerte sich ähnlich. "Die Palästinenser wissen sehr wohl, in welcher Situation wir uns befinden. Dass wir daran arbeiten, dass ein Prozess entsteht, der grundlegend die Situation verbessert. Der den Palästinensern Rechte und Freiheiten zusichert und die palästinensische Selbstverwaltung stärkt. Sie wissen, dass wir ein zuverlässiger Partner sind."
Am Ende verließen die Gäste aus Palästina ihre belgischen Gastgeber mit vielen wohlwollenden Worten im Gepäck, aber ohne konkrete Zusagen für Veränderungen. Fast zumindest, denn immerhin kündigte die Föderalministerin für Entwicklungszusammenarbeit, Caroline Gennez, an, fünf Millionen Euro zusätzlich frei zumachen für die Palästinenser. Mit dem Geld soll das Bildungswesen in den Palästinensergebieten unterstützt und Schulen, die im aktuellen Konflikt mit Israel gerade zerstört worden sind, wieder aufgebaut werden.
Angriff auf Flüchtlingslager "völlig inakzeptabel"
Den Angriff der israelischen Armee nannte Premier De Croo "völlig inakzeptabel". Man führe Menschen in eine sichere Zone und dann würden sie mit Bomben angegriffen, so De Croo. Ein Ende der Gewalt, ein Waffenstillstand und die Freilassung der israelischen Geiseln durch die Hamas müssten absolute Priorität haben, sagte De Croo in Brüssel.
Kay Wagner