Bislang war es so, dass eine geschäftsführende Regierung ausschließlich für die laufende Verwaltung zuständig war und keine neuen Entscheidungen treffen durfte. Beobachter glauben, dass die Vivaldi-Koalition die Verwaltung damit auf eine lange Regierungsbildung vorbereiten will.
Sobald das Parlament definitiv aufgelöst wird, ist die Regierung nur noch geschäftsführend im Amt. Und das bleibt dann so, bis die nächste Regierung vereidigt wird. In Belgien kann das bekanntermaßen manchmal lange dauern. Erinnert sei nur an die 541-Tage-Krise in den Jahren 2010-2011.
In einer solchen Periode sind der geschäftsführenden Regierung jedenfalls die Hände gebunden. Sie kann sich nur um die laufende Verwaltung kümmern und darf allenfalls bei wirklich dringenden Angelegenheiten neue Entscheidungen treffen.
Das Kernkabinett hat nun aber beschlossen, dass in dieser Phase dennoch hohe Beamte eingesetzt werden dürfen. So steht es in einem Rundschreiben, das die Zeitungen L'Echo und De Tijd einsehen konnten. Anscheinend sei der Impuls aus der Verwaltung selbst gekommen. Während der 541-Tage-Krise hätten 600 Stellen nicht besetzt werden können.
Verfassungsrechtler üben dennoch Kritik an der Entscheidung. "Das ist ein gefährliches Spiel", zitiert De Tijd einige Fachleute. Die Entscheidung öffne der Willkür Tür und Tor.
Roger Pint