Drei Verdächtige werden dem Untersuchungsrichter vorgeführt, für die zwei Minderjährigen ist der Jugendrichter zuständig. Das, was die zuständige Staatsanwältin von Namur, Régine Cornet, skizziert, ist im Grunde das Ende eines sehr dummen, verantwortungslosen Dummjungenstreichs. Den man im Grunde gar nicht mehr so nennen will, weil er ein äußerst tragisches Ende genommen hat.
Aber wie kommt man nur auf den Gedanken, ein gusseisernes Kanalgitter von einer Autobahnbrücke baumeln zu lassen? Ebenso gedanken- wie rücksichtsloser Blödsinn, der einen Menschen das Leben kostete.
Besagtes Kanalgitter war am frühen Samstagmorgen in der Windschutzscheibe eines LKW gelandet. Der Fahrer, der 50-jährige Gheorghe Tibil, hatte keine Chance. Er war auf der Stelle tot. Wie durch ein Wunder gelang es seiner Frau, die hinter ihm in der Koje schlief, den Lastwagen zum Stehen zu bringen. Noch Schlimmeres konnte dadurch vermieden werden, aber Gheorghe bringt das leider auch nicht mehr zurück.
Anfangs sah es so aus, als könnten sich die Ermittlungen in die Länge ziehen. Die Autobahnbrücke, von der das Kanalgitter auf die Fahrbahn geworfen worden war, liegt etwas abgelegen, an einer nicht sehr befahrenen Straße. Unmittelbare Zeugen gab es keine, gesehen hatte man allenfalls dunkle Gestalten, die auf der Brücke zugange waren.
Überraschend schnell kam die Akte dann aber doch in eine Stromschnelle. Am Sonntagmorgen sei ein junger Mann spontan in einer Polizeidienststelle vorstellig geworden, sagte Staatsanwältin Régine Cornet in der RTBF. Er habe zugegeben, dass er in den Vorfall verwickelt gewesen sei. Auf der Grundlage dieses Geständnis habe man dann die mutmaßlichen Mittäter identifizieren können.
Lachgas
Fünf Verdächtige wurden festgenommen, zwei von ihnen sind minderjährig, allesamt sind sie zwischen 17 und 19 Jahre alt - für einen Dummjungenstreich eigentlich schon zu alt. Anscheinend war Lachgas im Spiel, zumindest berichten das einige Medien unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft. Doch auch das wäre freilich keine Entschuldigung.
Die Verdächtigen wurden bereits ausgiebig verhört. Es würden auch noch Gegenüberstellungen stattfinden, um die verschiedenen Versionen wirklich abgleichen zu können, sagte Staatsanwältin Cornet.
Die Justiz hatte aber schon ziemlich früh klargemacht, woher der Wind weht. Ermittelt wurde von Anfang an wegen Mordes. Das ergebe sich aus dem Tathergang, sagte die Staatsanwältin. Wenn jemand ein derart massiges Objekt auf die Autobahn werfe, genau in dem Moment, in dem ein Fahrzeug vorbeifährt, der nimmt einen tödlichen Ausgang in Kauf: Mord. Vorsätzliche Tötung auch, wenn man bedenkt, dass das Kanalgitter erst noch herausgerissen und auf die Brücke geschafft werden musste.
Mord bedeutet, dass den Verdächtigen lebenslange Haft droht - zumindest den drei Verdächtigen, die schon strafmündig sind. Die beiden Minderjährigen riskieren immerhin auch eine Verwahrung in einer geschlossenen Jugendstrafvollzugsanstalt.
Der Vorwurf des Vorsatzes könnte sich durch neue Erkenntnisse im Übrigen noch weiter erhärten. Die Zeitungen Het Laatste Nieuws und Het Nieuwsblad berichten über eine dramatische Erfahrung, die ein anderer Lkw-Fahrer zwei Tage vor dem tödlichen Zwischenfall gemacht hatte. An derselben Autobahnbrücke zwischen den Abfahrten Héron und Andenne hatte er am frühen Donnerstagmorgen ebenfalls dunkle Gestalten gesehen.
Einen Moment lang habe er befürchtet, dass sich jemand von der Brücke stürzen könnte - deswegen habe er abgebremst. Plötzlich habe es einen Knall gegeben. Wie sich herausstellte, war ein Kanalgitter auf seine Fahrerkabine gestürzt. Um ein Haar wäre das Ding in seine Windschutzscheibe gedonnert. Haben die fünf Tatverdächtigen zwei Tage vor dem Mord die Tat geprobt? Die Frage ist noch offen.
Roger Pint