"Geheime Pharmadeals". Dieser Begriff prangt am Dienstag auf der Titelseite von De Standaard. Und das macht den einen oder die andere dann gleich hellhörig. Das Wörtchen "geheim" sorgt immer für Aufmerksamkeit, und wenn's dann auch noch um die Pharmaindustrie geht, dann wird für so manchen gleich ein Schuh draus. Laut De Standaard hat die Zahl dieser geheimen Pharmadeals in dieser Legislaturperiode auch noch "sprunghaft zugenommen". Demnach wurden in den letzten drei Jahren stolze 120 solcher Geheimverträge mit der Pharma-Industrie abgeschlossen. Hier geht es um 2,8 Milliarden Euro.
Das alles klingt vielleicht explosiv, aber solche Verträge sind eigentlich nötig. Hier geht es in den meisten Fällen um innovative Medikamente, die gerade erst auf den Markt kommen und die in der Regel sehr teuer sind, eigentlich unbezahlbar für das Gesundheitssystem. Deswegen tritt der Staat dann an das jeweilige Unternehmen heran und versucht, einen Preisabschlag festzuzurren. Und das Resultat solcher Verhandlungen steht dann eben in einem dieser "geheimen Pharmadeals".
120 solcher Pharmadeals, mit einem Gesamtvolumen von 2,8 Milliarden Euro, das ist Rekord, beklagte Sofie Merckx von der marxistischen PTB in der VRT. Und solche Summen sind oft zu gerechtfertigt, sagt die Kammerabgeordnete. Ein bestimmtes Medikament z.B., das gegen Mukoviszidose hilft, koste bis zu 200.000 Euro, wobei sich die Herstellungskosten auf 5.000 Euro beliefen, sagt Merckx.
Das sei natürlich eine sehr vereinfachte Darstellung der Dinge, erwiderte in der VRT Caroline Ven, die Geschäftsführerin des Branchenverbandes pharma.be. Mit einbeziehen müsse man dabei schließlich auch die Kosten, die die Entwicklung des Präparates verschlungen haben.
Davon abgesehen: So "geheim", wie es manchmal dargestellt werde, seien diese Absprachen gar nicht. Jährlich werde darüber ausführlich kommuniziert, die Abgeordneten müssten jedenfalls nicht irgendwelche Recherchen anstellen, um diese Deals einzusehen. Das Ganze sei also durchaus transparent.
Davon abgesehen sehe es nur so aus, als sei das Volumen dieser Deals gestiegen, betont Caroline Ven. Die von De Standaard angeführte Zahl sei ein Bruttobetrag. Verrechnet man die Inflation, und vor allem die gestiegenen Personal- und Energiekosten, dann stelle man fest, dass der Gesamtbetrag, den der Staat für diese Deals ausgegeben hat, um 16 Prozent gesunken ist.
Gut, Zahlen kann man so oder so lesen, würden Kritiker jetzt entgegnen. Die Frage bleibt, warum man solche Hinterzimmer-Deals abschließt. Ohne solche Absprachen geht es nicht, verteidigt sich Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke. Das Problem sei, dass die EU in diesem Bereich immer noch nicht gemeinsam agiert. Resultat: Die Pharmaunternehmen verkaufen ihr Produkt jedem Land einzeln. Und die meisten Staaten schließen mit den Firmen dann solche geheimen Deals. Solange das so läuft, wird ein kleines Land wie Belgien daran nichts ändern. Und dann ist es eben im Interesse der Patienten, dass die zuständigen Stellen knallhart verhandeln, um den bestmöglichen Preis auszuhandeln.
Frank Vandenbroucke plädiert also eigentlich für ein EU-weit einheitliches Vorgehen, wodurch sich die Verhandlungsposition aus Sicht der Patienten natürlich deutlich verbessern würde: Am Tisch säße dann eben nicht mehr ein Land, sondern die EU mit ihren 450 Millionen Einwohnern im Rücken. Caroline Ven von pharma.be sähe darin aus Sicht ihres Verbandes auch Vorteile. Bei gewissen, sehr spezifischen Medikamenten gebe es nur eine relativ kleine Zielgruppe. Wenn man das Ganze auf die europäische Ebene hieven würde, dann würden etwa die Zulassungsprozeduren einfacher und auch die Verwaltungskosten deutlich niedriger ausfallen.
Roger Pint
Die Pharma benötigt garantierte Abnahmen ihrer meist sinn- und nutzlosen Produkte. Die wollen und müssen Geld verdienen, am besten staatlich subventioniert - meist untermalt mit absurder Angstpropaganda durch diverse gekaufte Lobbyisten. Vandenbroucke will nur ablenken.