Um es kurz zu sagen: Die Belgier werden gelobt für ihre gute Arbeit. Ganz ausdrücklich hat das vergangene Woche der Vize-Präsident der EU-Kommission getan, der Slowake Maros Sefcovic. Er hat die Arbeit der Belgier als "hervorragend" bezeichnet. "Sie verpassen keine einzige Stunde einer Verhandlung. Sie verfolgen wirklich das Ziel, so viele Themen wie möglich noch abschließen zu können". In den ersten drei Monaten seiner Präsidentschaft habe Belgien einen "gesetzgeberischen Sprint" hingelegt, sagte Sefcovic.
Das war auch das Ziel. Denn das Europaparlament, das als Co-Gesetzgeber immer gebraucht wird, um ein Gesetz zu verabschieden, wird wegen der Wahlen im Juni Ende April seine Tätigkeit einstellen. Dann können unter belgischer Ratspräsidentschaft keine weiteren Gesetze mehr verabschiedet werden.
Eine Einigung pro Tag
Am 10. Januar ging es damit los. Da hatten die EU-Einrichtungen nach den Weihnachtsferien wieder so richtig mit der Arbeit begonnen. Von da an bis heute sind unter belgischer Ratspräsidentschaft rund 50 Einigungen zu Gesetzen zwischen den Mitgliedsländern und dem Europaparlament erreicht, also Gesetzestexte fertiggestellt worden. Dazu haben sich die Mitgliedsländer noch bei zehn weiteren Gesetzestexten auf ihre Position geeinigt. Auch da nimmt der EU-Ratsvorsitz immer eine vermittelnde Rolle ein.
Das ist im Durchschnitt eine Einigung pro Tag, rechnet die Zeitung La Libre Belgique vor. Eine Bilanz, die sich ziemlich gut anhört.
Gute Vorbereitung
Erreicht haben die Belgier das durch eine gute Vorbereitung. Belgien wusste, dass nicht alle noch offenen Dossiers bzw. Gesetze in ganz kurzer Zeit zu Ende verhandelt werden konnten. Anfang Januar waren rund 150 Dossiers noch offen. Die belgische Ratspräsidentschaft traf eine Auswahl und konzentrierte sich vor allem auf die Projekte, bei denen eine Einigung in kurzer Zeit am wahrscheinlichsten war.
In die Karten gespielt hat den Belgiern dazu die Tatsache, dass die Europaabgeordneten, die für die einzelnen Gesetzestexte federführend zuständig sind, ihre Arbeit auch gerne vor den Wahlen abschließen wollten. Erstens, um das als Erfolg verkaufen zu können, und zweitens aus der Sorge heraus, nach den Wahlen vielleicht gar nicht mehr dem Europaparlament anzugehören.
Ihr Gesetz hätten sie dann nicht weiterbearbeiten können. Weshalb einige Abgeordnete in den vergangenen Wochen sicher eine größere Bereitschaft als sonst an den Tag gelegt haben, einem Kompromiss mit den Mitgliedsländern zuzustimmen und nicht um alle Details bis zum Schluss lange zu verhandeln.
Ruhigere zweite Hälfte?
In der zweiten Hälfte der Ratspräsidentschaft wird es wegen der Europawahlen naturgemäß ruhiger bei der abschließenden Gesetzesarbeit. Aber auf der Ebene der Mitgliedsländer geht die Entscheidungsfindung weiter. Die EU-Ministerräte treffen sich weiter regelmäßig, und da wird es für die belgische Ratspräsidentschaft weiter darum gehen, die verschiedenen Standpunkte der einzelnen Länder zu einem gemeinsamen Standpunkt aller EU-Mitgliedstaaten zusammenzubringen.
Außerdem wartet strategische Themenarbeit auf die Belgier. Zum Beispiel soll ein Programm für die neue EU-Kommission vorbereitet werden. Außerdem möchte Belgien die Überlegungen weiter vorantreiben zu der Frage, wie sich die EU weiter entwickeln soll. Wichtige Punkte sind hier die Erweiterung und eventuelle Reformen auch auf institutioneller Ebene.
Letztlich muss auch die Übergabe der Arbeit an die nachfolgende Ratspräsidentschaft vorbereitet werden. Am 1. Juli werden die Belgier den Staffelstab der Ratspräsidentschaft an die Ungarn weiterreichen.
Kay Wagner