Dass Kopfballspielen nicht gerade gut für das Gehirn ist, vermuten tatsächlich auch Experten schon lange. Seit den 1990er Jahren eigentlich, da wurden erste Fragen laut, ob es einen Zusammenhang zwischen Kopfballspielen und späterem Gedächtnisverlust oder Sprachproblemen geben könnte. Lange fehlten aber gründliche wissenschaftliche Untersuchungen. Davon hat es in den letzten Jahren mehr gegeben.
In der VRT-Reportage sprechen Angehörige über die Demenz-Erkrankung verstorbener Fußballer, die in den 1960er Jahren in der 1. Division aktiv waren. Auch sie vermuten einen Zusammenhang zwischen der Krankheit und den Kopfbällen aus der Fußballer-Karriere.
Höheres Demenz-Risiko?
Es gibt immer mehr wissenschaftliche Untersuchungen, die darauf hindeuten, dass Fußballspieler ein höheres Demenz-Risiko haben, zum Beispiel eine große Studie aus Schottland aus dem Jahr 2019. Demnach haben Berufsfußballer ein 3,5 Mal höheres Risiko, an Demenz zu erkranken, als der Durchschnitt der Bevölkerung. Eine spätere Studie aus Schweden sagt, dass das Risiko rund anderthalb Mal so groß ist. Hier haben die Forscher die Gesundheitsdaten von gut 6.000 Spielern aus der 1. schwedischen Liga von 1924 bis 2019 ausgewertet. Das Ergebnis: Neun Prozent der Topspieler entwickelten im Verlauf ihres Lebens eine Erkrankung des Nervensystems, also zum Beispiel Alzheimer oder Parkinson.
Was passiert mit dem Gehirn beim Kopfballspielen?
Der Schuss eines etwa 450 Gramm schweren Fußballs gegen eine Stirn erzeugt eine Belastung von 20 bis 40 Gramm. 20 Gramm sind vergleichbar mit einem Auto, das mit 50 Stundenkilometern auf eine Wand prallt. Neurowissenschaftler sagen, dass das Hirn beim Köpfen des Balls immer wieder leicht verletzt wird. Die Verbindungen der Nervenzellen werden gedehnt und können reißen.
Verteidiger in einer Fußballmannschaft sind besonders gefährdet, weil sie die Schüsse aufs Tor abwehren müssen. Torhüter dagegen köpfen eigentlich nie und haben deshalb kein höheres Risiko als etwa Schwimmer oder Tischtennisspieler. Meistens sind die Störungen nach Kopfbällen kurzfristig. Weil Profifußballer aber oft köpfen - einige um die 70.000 Mal in ihrer Karriere, so die Forscher - kann das dazu führen, dass die Verbindungen der Nervenzellen absterben.
Das Bewusstsein muss wachsen
In vielen Ländern, auch in Belgien, scheint das Bewusstsein zu wachsen, dass man über den richtigen Umgang mit Kopfbällen diskutieren muss. Vor allem, wenn es um Kinder geht, denn ihr Gehirn ist noch empfindlicher - auch wenn die Bälle leichter sind als die der Erwachsenen.
In Flandern beteiligt sich die Uni Löwen an einer europäischen Studie, die die Auswirkungen von Kopfbällen auf die Gesundheit von Kindern im Alter zwischen 14 und 16 Jahren untersucht. Ergebnisse der Studie werden Ende des Jahres erwartet.
vrt/jp