Hugues Falys aus Bois-de-Lessines im Hennegau gilt als Pionier des ökologischen Landbaus in Belgien. Seit mittlerweile 30 Jahren züchtet er Bio-Rinder, baut Getreide, Gemüse, Erdbeeren und andere Nutzpflanzen an. Die Frage ist: Wie lange noch? Denn Falys bekommt nach eigener Aussage die Auswirkungen des Klimawandels am eigenen Leib zu spüren.
Er habe in den letzten Jahren außergewöhnliche Klimaphänomene erlebt, sagte Falys in Interview mit der VRT und der RTBF. Sintflutartige Regenfälle, stationäre Gewitter, Dürren – all das setze ihm und anderen Landwirten zu und habe Folgen für die Weidewirtschaft und den Anbau von Nutzpflanzen.
Folgen, die nach Angaben von Falys zu erheblichen zusätzlichen Belastungen führten: Zunächst in finanzieller Hinsicht, denn wenn es zum Beispiel wegen der Dürre nicht genug Gras gibt, muss Futter zugekauft werden. Diese Mehrbelastung wirkt sich auch auf die Anzahl der Tiere aus, die Falys halten kann. Waren es bis 2017 noch rund 160 Bio-Rinder, so war er seitdem gezwungen, diese Zahl massiv zu reduzieren auf inzwischen nur noch etwa hundert Tiere.
Die Auswirkungen seien aber nicht nur finanzieller Natur, Zufüttern bedeute auch einen wesentlich größeren Aufwand für die Landwirte, so Falys. Dass der ganze traditionelle Landwirtschaftskalender durcheinandergebracht werde, habe außerdem Folgen für die Art und Weise, wie die Arbeit organisiert werden müsse. Und das wiederum bedeute natürlich Stress – nicht zuletzt, weil ja auch die ganze Zukunft der Landwirtschaft mit einem Fragezeichen versehen werden müsse.
Aber warum macht Falys den Energiekonzern dafür verantwortlich? Das ist natürlich keine zufällige Wahl, wie er erklärt. Total Energies gehöre zu den größten fossilen Energiekonzernen der Welt. Die Multinational soll für über ein Drittel des weltweiten Ausstoßes an Treibhausgasen verantwortlich sein und damit natürlich maßgeblich mitverantwortlich für den Klimawandel und seine Folgen.
Falys geht es nicht ums Geld
Deswegen fordert Falys mit Unterstützung verschiedener Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace und der Liga für Menschenrechte von Total Energies eine symbolische Entschädigung von einem Euro. Es gehe ihm nicht um persönliche Bereicherung, betont er. Sollten die Gerichte ihm irgendwann doch mehr zusprechen, will er deswegen alles an eine Vereinigung spenden, die sich für Öko-Landbau einsetzt.
Das Kernanliegen ist ein anderes: Falys und den Nichtregierungsorganisationen geht es darum, die Verantwortung von Konzernen gerichtlich feststellen zu lassen - um sie dann dazu zwingen zu lassen, einen konkreten Plan für die Energiewende vorzulegen und größere Anstrengungen zu unternehmen.
Die Begrenzung der Erderwärmung auf unter anderthalb Grad Celsius, wozu sich die Staaten ja in Paris verpflichtet hätten, sei nicht zu schaffen, wenn die internationalen Konzerne nicht auch ihren Beitrag dazu leisteten, so Anwältin Marie Doutrepont.
Ob und wann es aber zu einem verbindlichen Urteil in so einer Angelegenheit kommen könnte, steht realistisch betrachtet in den Sternen. Sowohl in Frankreich als auch in den Niederlanden sind entsprechende Prozesse bereits angestrengt worden. Aber bis alle Berufungsmöglichkeiten endgültig ausgeschöpft sein werden, werden wohl noch viele Jahre ins Land gehen.
Total Energies sieht sich derweil – wenig überraschend – vollkommen zu Unrecht an den Pranger gestellt. Zum einen könne der Kampf gegen den Klimawandel und für die Energiewende nicht die gesetzliche Verantwortung eines einzelnen Spielers sein, so Total Energies per Kommuniqué. Das sei eine kollektive Aufgabe. Zum anderen setze der Konzern seit 2020 entschieden auf die Energiewende und habe bereits große Summen in erneuerbare und kohlenstoffarme Energiequellen investiert wie Solarpaneele und Windkraftanlagen. Weitere große Investitionen seien auch bereits fest geplant.
Nun wird aber so oder so zunächst einmal das Unternehmensgericht von Tournai am Zug sein, wo die Klage von Biobauer Hugues Falys eingereicht worden ist. Denn die Richter müssen entscheiden, ob die Klage überhaupt zulässig ist. Die erste Anhörung ist für Mitte April angesetzt.
Boris Schmidt
Streng genommen ist das Verhalten dieses Landwirtes widersprüchlich. Einerseits verklagt er einen Energieriesen und andererseits benutzt er wahrscheinlich auch Traktoren, die CO2 produzieren.