Ganz aktuell ist der Betonbericht nicht, der am Donnerstag in Flandern für viel Gesprächsstoff sorgt. Denn der Zeitraum, über den er berichtet, umfasst "nur" die Jahre von 2013 bis 2021. Die jüngsten Entwicklungen erfasst er damit nicht. Trotzdem lassen sich an dem Bericht Tendenzen ablesen. Diese sind nicht das, was die flämische Regierung 2016 mit ihrem damals noch "Betonstopp" genannten Plan erreichen wollte.
Damals wurden sich die Politiker bewusst: Zu viel Fläche in Flandern wird bebaut. Das soll aufhören. Doch mit dem Bauen und Versiegeln von immer neuer Fläche ging es fleißig weiter. Zwischen 2013 und 2021 wurde im Durchschnitt jeden Tag eine Fläche von zirka fünf Hektar verbaut. Das entspricht etwa zehn Fußballfeldern pro Tag. So rechnen es die Vereine Natuurpunt und Breekijzer vor, die den Bericht angefertigt haben. Eine "sehr hohe Zahl" sei das, fügen sie hinzu.
Warum sich trotz der Pläne der flämischen Regierung nichts an der grundsätzlichen Baubegeisterung der Flamen geändert hat? Frederic Mollen von Natuurpunt hat dazu eine Idee. "Das liegt daran, dass Flandern vor allem Ankündigungspolitik macht. Man hat zwar die Ziele ausgegeben, aber acht Jahre später sehen wir, dass nicht viel passiert ist. Was fehlt, sind Absprachen zwischen der Regierung, den Gemeinden und Provinzen, um gemeinsam die Sache anzupacken", sagte er am Donnerstagvormittag im Radio der VRT.
Flächen renaturalisieren
Schon jetzt soll in Wohn- und Industriegebieten die bebaute Fläche eigentlich nicht mehr zunehmen. Zwar können durchaus neue Flächen bebaut werden. Dafür sollen aber andere Flächen renaturalisiert werden, sodass die bebaute Fläche in der Summe nicht wächst.
Außerhalb von Wohn- und Industriegebieten sind die Vorgaben nochmal anders. Dort ist es das Ziel, bis 2050 20 Prozent der bisher bebauten Fläche wieder aufzubrechen und der Natur zurückzugeben. Aber auch das funktioniert bislang nicht so, wie es soll. "Die Vorgaben sind noch nicht verpflichtend", begründet das Mollen. "Die Ziele müssen erst noch definitiv festgelegt werden in einem Raumordnungsplan. Die Regierung hat das auch am Anfang der Legislatur als eines ihrer Projekte formuliert. Aber dann kam Corona, kamen andere Krisen, und so hat man sich nie darum gekümmert."
Allerdings gibt es auch Lichtblicke. In drei der gut 300 flämischen Gemeinden nahm die bebaute Fläche in Wohn- und Industriegebieten tatsächlich nicht zu. In 43 Gemeinden wurde bebaute Fläche im ländlichen Raum der Natur zurückgegeben.
Für die Jahre 2020 und 2021 lässt sich allgemein ein weniger starker Zuwachs an neu bebauter Fläche feststellen. Ein Zeichen dafür, dass der "Betonstopp", der mittlerweile "Betonshift" genannt wird, langsam zu greifen beginnt? Nicht unbedingt. Denn die Verfasser des Betonberichts weisen selbst darauf hin, dass es sich um Jahre aus der Corona-Pandemie handelt. Der Trend müsse sich erst noch in den folgenden Jahren bestätigen, um tatsächlich von einer Wende sprechen zu können.
Kay Wagner