Bei einem Blick auf die Presse am Montagvormittag hätte man fast den Eindruck bekommen können: Die PS ist eine flämische Partei. Die flämischsprachige VRT beschäftigte sich nämlich ausführlich in Berichten und Radiointerviews mit dem, was PS-Chef Paul Magnette am Sonntag in Brüssel vorgestellt hatte. Bei den Kollegen der frankophonen RTBF dagegen wurden der Kongress und Magnettes Pläne gleichsam totgeschwiegen.
Ähnlich das Bild bei der schreibenden Zunft: ausführliche Berichterstattung über den Kongress in den flämischen Zeitungen. Mehrere dieser Zeitungen griffen die PS-Pläne auch in ihren Leitartikeln auf. Bei der auflagenstärksten Zeitung in Flandern, Het Laatste Nieuws, reichte es sogar zur Aufmachergeschichte auf Seite eins.
In den frankophonen Zeitungen dagegen suchte man verblich nach Kommentaren. Der Kongress wurde - wenn überhaupt - in eher kurzen Beiträgen im Innenteil irgendwo abgefertigt. Und dann standen dort auch eher Personalien im Vordergrund und nicht die PS-Pläne zum Arbeitsmarkt.
Zu erklären ist das vielleicht wie folgt: Im frankophonen Landesteil weiß man nur zu gut, dass die PS am Sonntag natürlich laut poltern musste, um Aufmerksamkeit zu erregen. Aufmerksamkeit, die die Presse der PS aber nicht geben wollte.
Anders in Flandern. Da funktioniert das Spiel der Provokation noch, erregen sich schnell die Gemüter, wenn in der Wallonie mal wieder jemand etwas fordert, was den Ruf der Wallonen als arbeitsscheu, wenn nicht gar faul bestätigt. So, wie am Sonntag geschehen. Da sagte Magnette: "Wir fordern die Viertagewoche mit 32 Stunden Arbeitszeit, Fortbildungsmöglichkeiten und ohne Lohneinbußen. Aber wir sind so ehrlich, um zu sagen: Das schaffen wir nicht sofort. Dafür brauchen wir Zeit. Trotzdem müssen wir schon in den kommenden Jahren die ersten Schritte in diese Richtung tun."
Bei solchen Worten sträuben sich den Flamen immer noch die Haare. Verständlich vor dem Hintergrund, dass die Wirtschaft in Flandern viel besser läuft als in der Wallonie, die Arbeitslosigkeit im Norden fast nicht vorhanden ist, und nur der Süden quasi dauerhaft damit kämpfen muss, seine Bewohner zum Arbeiten zu bringen. Und die Zeche dafür meist an Flandern hängen bleibt - zumindest im Gefühl vieler Flamen.
Fast schon zwangsläufig musste der VRT-Journalist Paul Magnette dann auch die Frage stellen, wie er seine 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich denn bezahlen wolle? Oder auch die Vorstellung, ältere Arbeitnehmer ab 55 Jahren nur vier Tage in der Woche zum Arbeiten zu verpflichten.
Klar, dass Magnette auf diese Fragen vorbereitet war. Sein Rezept: Mindestlohn erhöhen, damit mehr Geld in die Staatskasse und in die Sozialsysteme fließt. Außerdem: höhere Abgabe für sehr reiche Menschen. "Sicher, wir müssen sparen", sagte Magnette mit Blick auf die große Staatsverschuldung. "Aber wir müssen das vernünftig machen", fügte Magnette hinzu. Noch zwei Reizwörter also, die Magnette da in den Ring warf.
Entsprechend hart fielen dann auch die ersten Kommentare von flämischen Politikern, aus der Unternehmenswelt und in der Presse aus. Traumvorstellungen seien das, unrealistisch. Einfach nicht zu bezahlen. Der Arbeitgeberverband FEB erklärte, viele Unternehmen würden schon jetzt händeringend nach Personal suchen. CD&V-Finanzminister Vincent Van Peteghem sagte, Belgien stehe zurzeit vor großen finanziellen Herausforderungen.
Natürlich prallt diese Kritik an Magnette ab. Zumal sich seine PS ja auch gegen die PTB behaupten muss, die von links-außen die PS zu überholen droht in der Wählergunst. Ein faires Gehalt dann auch als Priorität Nummer eins des PS-Wahlkampfs auszurufen, wie Magnette das am Sonntag machte, passt in die Strategie des Abwehrkampfes gegen die PTB. Der Applaus der Genossen ebenfalls.
Kay Wagner
Dieser Vorschlag zeigt doch nur, dass die PS Arbeit eher als etwas negatives betrachtet, bestenfalls als ein notwendiges Übel. Diese Einstellung erklärt, warum Arbeitseinkommen weiterhin hoch besteuert werden. Das geschieht nach dem Motto : "Eine Arbeit ist genau so schlecht wie eine Zigarette und muss deshalb auch so hoch besteuert werden wie Zigaretten, um die Menschen davon abzuhalten sich selbst zu schädigen."
Ziemlich wirres Zeug, was Sie da zusammenschreiben, Herr Scholzen. Wahrscheinlich bezeichnen auch Sie den Unterschied zwischen Brutto-und Nettolohn als "Steuern". Dass da erstmal die sozialen Lasten, bestehend aus Rente, Kindergeld, Arbeitslosenunterstützung, Krankenkasse und Invalidität (alles VERSICHERUNGEN) abgehen, berücksichtigt kaum jemand.
Wie im Text von Herrn Wagner richtig bemerkt, ist dies ein "gefundenes Fressen" für die Flamen, wenig Arbeiten und Wallonen, da kann man mit punkten. Aber es ist ein Langzeitziel und die Arbeitswelt ist dabei, sich grundlegend zu ändern. Oft zählt das Resultat mehr als die Stunden, z.B. beim home office. Auch bringt eine geringere Arbeitszeit/Person mehr Menschen in Arbeit, so diese denn vorhanden ist. Es war doch schon immer so: als ich anfing zu arbeiten, gab es noch 45 Std/Woche, bei 3 Wochen Urlaub, jetzt sind es höchstens 38 Std und 4 Wochen, hat die Industrie alles uuberlebt. Nicht zuletzt führt ein größeres Einkommen zu mehr Kaufkraft zugunsten der Wirtschaft.
Das zeigt wie unglaubwürdig die Politik ist …. In Krisenzeiten Arbeitszeiten kürzen bei gleichbleibendem Lohn ….
Erschreckend….
Mehr Leute an der Arbeit und weniger arbeitslose...aber die Roten haben das immer noch nicht verstanden...
Werte Frau Van Straelen.
Auf eine wirre Idee kann man nur wirres Zeug schreiben.
Die PS hat auf jeden Fall einen guten PR Coup gelandet. Das nachmachen wird schwer.
genau Herr Scholzen: Arbeitszeit mit Zigaretten zu vergleichen, kann man logischer argumentieren? Im Gegenteil, will man nicht immer mehr und mehr Zigaretten rauchen? Wir alle arbeiten kontraktuell nicht mehr so lange wie vor 40 Jahren und trotzdem geht das Leben weiter. Es wird sogar als sozialer Absturz angesehen, wenn man mal nicht mehr jedes Jahr in Urlaub fahren kann...