Auf den Autobahnen rund um den Hafen von Antwerpen entspannte sich die Lage am frühen Nachmittag zumindest etwas. Die Blockaden am Hafen selbst hingegen blieben vorerst bestehen.
Seit den frühen Morgenstunden waren hunderte von Traktoren oft in Korsos zum Hafen von Antwerpen gefahren. Die Blockaden wichtiger Straßen und Zufahrten zum Hafengebiet zeigten schnell Wirkung. Gegen 8 Uhr vermeldete das flämische Verkehrszentrum stockenden Verkehr auf zahlreichen Straßen. An manchen Stellen bewegte sich gar nichts mehr.
Die beiden großen Bauernverbände in Flandern hatten nicht zu diesem Protest aufgerufen. Die Aktion wurde von einzelnen Bauern über soziale Netzwerke organisiert. Jungbauer Stijn Zelderloo trat als Sprecher der Aktion gegenüber der Presse auf. Dass sich die flämischen Bauern gerade den Hafen von Antwerpen als Ziel ihrer Aktion ausgewählt hatten, sei kein Zufall.
"Das ist ein symbolischer Ort", sagte Zelderloo der VRT. Zum einen deshalb, weil Antwerpen das Herz der flämischen, wenn nicht gar der belgischen Wirtschaft sei. Zum anderen sei Antwerpen auch die Stadt, in der Bart De Wever von der N-VA Bürgermeister sei. Die N-VA ist auch stärkste politische Kraft in Flandern. Und es ist vor allem die N-VA, die den Zorn der Bauern erregt.
Die Partei würde nämlich die Bauern klar benachteiligen gegenüber der Industrie, gerade in Bezug auf das so sensible Thema Stickstoff. Da seien die Auflagen für die Bauern um ein Vielfaches höher als für Industrieunternehmen. Ungerecht finden das die flämischen Bauern. Mit dem Protest wollen sie Druck ausüben auf die laufenden Verhandlungen zwischen der flämischen Regierung und den Bauernverbänden.
Beide Seiten hatten am Montag nach Lösungen für die Forderungen der Bauern gesucht - ohne Ergebnisse zu erzielen. Am Donnerstagnachmittag soll weiterverhandelt werden. Den protestierenden Bauern am Hafen von Antwerpen dauert das zu lang. "Sicher, es wird verhandelt. Aber die Verhandlungen dauern nun schon eine gewisse Zeit. Und wir stellen fest, dass bislang keine Einigung gefunden werden konnte."
Weniger Bürokratie, Anerkennung von landwirtschaftlichen Flächen, bessere Preise und vor allem Nachbesserungen beim Stickstoffdossier - das sind die Hauptforderungen der meisten Bauern. Über allem schwebt die Sorge um die eigene berufliche Zukunft.
Beim Hafen von Antwerpen, der unter dem Protest zu leiden hatte, kam die Blockade naturgemäß nicht gut an. Der finanzielle Schaden wird auf Millionen berechnet. Antwerpens Schöffin für Hafenangelegenheiten, Annick De Ridder, zeigte zwar Verständnis für den Ärger der Bauern. "Aber das muss am Verhandlungstisch geregelt werden", sagte De Ridder. "Lösungen erreicht man nicht, indem man einen ganzen Wirtschaftszweig in Geiselhaft nimmt."
Bis in den Nachmittag hinein verlief der Protest friedlich. Bauernsprecher Zelderloo bedankte sich bei der VRT sogar für die gute Zusammenarbeit mit der Polizei. Mit ihr hatten die Bauern zu Beginn einige Dinge abgesprochen. Zum Beispiel, dass die meisten Blockaden nie komplett waren. Immer wieder mal wurden Fahrzeuge durchgelassen. Und grundsätzlich freie Fahrt hatten laut Medienberichten Rettungsfahrzeuge, Gefahrguttransporter und Mitarbeiter des Hafens, die zum Schichtwechsel mussten.
Die flämische Umweltministerin Zuhal Demir hat sich dazu bereit erklärt, mit den protestierenden Bauern zu sprechen. Abhängig vom Ausgang des Gesprächs könnten die Bauern ihre Blockade beenden.
Kay Wagner