Viele Bauern sind sauer. "Und es ist auch kein Zufall, dass es sich dabei um ein grenzübergreifendes Phänomen handelt", erklärt Marianne Streel, die Vorsitzende des wallonischen Landwirtschaftsverbands FWA, im Interview mit der RTBF. "Die Landwirte leiden schlicht und ergreifend europaweit unter den gleichen Problemen." Die Gewinnmargen der Bauern seien zu gering. Und außerdem gebe es viel zu viel Bürokratie, die Gesetzgebung sei zu kompliziert.
Ganz besonders ist den Bauern aber eine Sache ein Dorn im Auge: der sogenannte europäische Green Deal, also das umfassende Programm, mit dem Europa in den kommenden Jahrzehnten klimafreundlich umgebaut werden soll. Die Landwirte seien keinesfalls dagegen, dass die Herausforderung Klimawandel angegangen werde, betont die Vorsitzende des Bauernverbands wieder und wieder. Im Gegenteil: Das müsse passieren und das unterstützten die wallonischen Bauern auch.
Aber die geplante Art und Weise sei nicht hinnehmbar. Die Beschlüsse seien weder effizient noch realistisch und schon gar nicht agronomisch fundiert, so der Rundumschlag. Immer nur "grüner, grüner, grüner", das sei es, was von den Bauern ständig verlangt werde - ohne dass wirklich berücksichtigt werde, welche Opfer und Anstrengungen die Landwirte bereits gebracht hätten. Das sorge dann auch für ein verzerrtes Bild bei Bürgern und Verbrauchern über den Sektor.
All das zusammen zehre auch an der Substanz, sowohl moralisch als auch finanziell. Als Landwirt zu arbeiten sei heutzutage einfach nicht mehr attraktiv, so Streel. Der Generationenwechsel stelle eine enorme Herausforderung dar für Europa.
Aufklären und Sensibilisieren
Auf all diese Probleme wollen die wallonischen Bauern also aufmerksam machen mit ihrer Aktionswoche. Konkret sind dafür ab Montag große Demonstrationen geplant - jeden Tag eine in einer anderen wallonischen Provinz. Welche Provinz wann dran ist, dazu will sich Streel allerdings noch nicht äußern.
Wie die Aktionen im Detail aussehen werden, ist aktuell ebenfalls noch unbekannt. Nur so viel: Die wallonischen Bauern wollen keine totalen Blockaden, wie die Verbandsvorsitzende betont. Stattdessen werde man versuchen, auf sogenannte Filterblockaden zu setzen. Ein Durchkommen soll also weiter möglich sein, allerdings wird trotzdem wohl mit großen Behinderungen gerechnet werden müssen.
Durch die Filterblockaden wolle man mit den Bürgern und Verbrauchern ins Gespräch kommen und ihnen die schwierige Lage der Landwirte erklären. Schließlich produzierten die Landwirte ja auch deren Nahrung. Das Ziel sei, diese Menschen also zu Fürsprechern der Bauern zu machen bei politisch Verantwortlichen und Behörden.
Inwiefern es aber wirklich bei solchen Aktionen bleiben wird, bleibt abzuwarten. Ein beträchtlicher Teil der Landwirte wolle direkt harte Töne anschlagen, warnt Verbandspräsidentin Streel. Diese Menschen seien auch bereit, die Wallonie mehrere Tage lang lahmzulegen.
Boris Schmidt