Politische Dynastien – das kennt man vor allem aus totalitären Staaten. Dass Nordkorea mittlerweile in dritter Generation von der gleichen Familie beherrscht wird, erscheint wenig überraschend. Bei Königsdynastien wie in Saudi-Arabien ist es ebenfalls klar, dass die Macht in der Familie bleibt.
In Belgien ist das natürlich nicht so krass, aber doch weiter verbreitet, als bislang vielleicht vermutet. Das zeigt die Studie von zwei Wissenschaftlern der Freien Universität Brüssel. Sie haben sich angeschaut, welche Politiker in die Parlamente in Belgien gewählt wurden. Zwischen 1831 und 2014.
Das Ergebnis fasst Jérémie Tojerow, einer der beiden Wissenschaftler, wie folgt zusammen: "Seit Beginn des 21. Jahrhunderts hat es eine deutliche Zunahme gegeben von Abgeordneten, deren Väter oder Mütter ebenfalls Abgeordnete oder Minister waren. In der Kammer zum Beispiel hat die Zahl der Söhne oder Töchter von ehemaligen Abgeordneten sich quasi verdoppelt auf 15,3 Prozent, und ist in den folgenden Legislaturperioden immer über zwölf Prozent geblieben. Das ist ein Niveau, das wir seit Ende des 19. Jahrhunderts nicht mehr gehabt haben."
Eine ähnlich deutliche Zunahme sei übrigens auch in den Parlamenten der Teilstaaten festzustellen. Im Detail sei das dort zwar unterschiedlich. Aber im Trend eben gleich. Sohn oder Tochter von Abgeordnetem X oder Ministerin Y zu sein, das scheint quasi wieder ein Sprungbrett, um ebenfalls Abgeordneter oder Minister zu werden.
Womit Belgien eine Ausnahme unter den Demokratien weltweit ist. Denn weltweit nimmt die Zahl der "Söhne und Töchter von" in der Politik weiter ab. Nur in Belgien, Irland und Japan sei das nicht der Fall, sagt Studienmacher Tojerow.
Da stellt sich natürlich die Frage, warum das so ist. Doch darauf bietet die Studie keine Antworten. Es bleibt bei Hypothesen, wenn es darum geht zu begründen, warum die politischen Familiendynastien in Belgien wieder zunehmen. Wissenschaftler Tojerow sagte am Montagmorgen im Radio der RTBF: "Die Parteien haben sich von Volksparteien zu professionellen Apparaten hin entwickelt, wo das persönliche Vermögen und die persönlichen Möglichkeiten immer mehr an Bedeutung gewonnen haben. Es gibt immer weniger Mitglieder in den Parteien, die breite Unterstützung nimmt ab. Das kann den Aufstieg der "Söhne und Töchter von" begünstigen."
Diese Überlegung leuchtet vielleicht ein, erklärt aber nicht, warum gerade in Belgien die Familiendynastien wieder zunehmen, in Belgiens Nachbarländern aber zum Beispiel nicht. Denn dort durchlaufen die politischen Parteien ja ähnliche Zersetzungsprozesse, aber Familiendynastien sind dort nicht im Aufwind.
Übrigens auch nicht – und das als Ausnahme in Belgien – in der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Das schreibt die Zeitung Le Soir, die ebenfalls einen Blick in die Studie geworfen hat. In der DG wachse die Zahl der "Söhne und Töchter von" im Parlament nicht. Und sei prozentual auch nie über ein relativ niedriges Niveau von vier Prozent gestiegen.
Kay Wagner
Demokratie des neuen Typs ist das. Einfach nur ekelhaft. Und dann soll man dann noch wählen gehen...