Kreidebleich müssen sie geworden sein, die Macher des VRT-Verbrauchermagazins "Factcheckers". Und das spätestens, als die Staatsanwaltschaft Antwerpen am vergangenen Samstag eine alarmierte Pressemitteilung veröffentlichte, in der mit drastischen Worten vor einem möglichen Hackerangriff gewarnt wurde. Konkret war die Rede von scheinbar zurückgelassenen USB-Sticks, die man bloß nicht in einen Computer stecken sollte. Denn das Ganze könnte Teil einer groß angelegten Cyberattacke sein. Die Staatsanwaltschaft habe in dieser Sache Ermittlungen aufgenommen.
Und kreidebleich müssen besagte Fernsehmacher geworden sein, weil sie ziemlich genau wussten, wer die USB-Sticks in verschiedenen öffentlichen Gebäuden so ein bisschen überall in Flandern hinterlegt hatte. Sie selbst waren es. "Für uns begann alles Ende vergangener Woche, als Reinigungskräfte im Antwerpener Justizpalast verdächtige USB-Sticks entdeckten", sagte in der VRT Kristof Aerts, Sprecher der Antwerpener Staatsanwaltschaft. Man habe dann sofort die nötigen Sicherheitsmaßnahmen ergriffen.
Quasi zeitgleich werden in der Löwener Uniklinik drei weitere USB-Sticks entdeckt. Und auch dort wird sofort Alarm geschlagen.
Nicht umsonst. Die Masche mit den scheinbar zurückgelassenen USB-Sticks, die kennt man von Hackern. Die hinterlegen solche Speichermedien, und das in der Hoffnung, dass irgendeine neugierige Nase der Versuchung nicht widerstehen kann, mal zu gucken, was denn auf dem Stick drauf ist. Wenn der aber einmal eingesteckt wird, dann wird automatisch eine Schadenssoftware auf dem Rechner installiert. Die kann zum Beispiel dem Täter einen Fernzugriff ermöglichen oder das System sogar lahmlegen. Die Entsperrung kostet dann häufig ein stattliches Lösegeld.
Von einem solchen Hacking-Versuch ging also die IT-Sicherheit im Löwener Universitätskrankenhaus aus. Sämtliche Sicherheitsprozeduren wurden in Kraft gesetzt. Um ein Haar hätte man die ganze Klinik sogar in den Notfallmodus versetzt, was den Betrieb nachhaltig gestört hätte. "Wir haben hier letzten Donnerstag und Freitag verdammt viele Leute mobilisieren müssen", sagte Chefarzt Gert Van Assche in der VRT. "IT-Experten, Sicherheitsleute, Krisenmanager. Und diese Mittel hätten wir lieber zur Betreuung unserer Patienten eingesetzt." Man hört es: Der Mann ist "not amused".
Gleiches gilt für die Antwerpener Staatsanwaltschaft. Nach dem Fund besagter USB-Sticks war auch das Antwerpener Gerichtsgebäude in einen "IT-Ausnahmezustand" versetzt worden. Auch hier will man absolut sichergehen, dass nicht doch einer einen dieser Sticks eingesteckt hat, dass das Computersystem nicht mit einer Schadenssoftware infiziert wurde. Weil man von einem Hackerangriff ausging, seien auch Ermittlungen eingeleitet worden, sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Und die Panik greift um sich. Das föderale Krisenzentrum schickt eine Warnung an alle Dienststellen der lokalen Polizei. Der Antiterror-Stab Ocam wird sogar mit einer Risikoanalyse betraut.
Dann kommt man aber doch auf die entscheidende Spur. Auf Überwachungsvideos aus der Uniklinik Löwen ist eine Person zu sehen, die als Macher des VRT-Verbrauchermagazins Factcheckers identifiziert werden kann. Man habe die zuständige Redaktion dann kontaktiert. Die habe dann eine Liste der Einrichtungen herausgegeben, in denen die insgesamt 22 USB-Sticks hinterlegt worden waren, sagt Kristof Aerts von der Antwerpener Staatsanwaltschaft.
In einer schriftlichen Stellungnahme erklärt die VRT, dass es sich um eine gutgemeinte Sensibilisierungsaktion gehandelt habe, mit der man auf die Gefahren hinweisen wollte, die insbesondere von scheinbar zurückgelassenen USB-Sticks ausgehen. Auf den Speichermedien sei im Übrigen keine Schadenssoftware installiert gewesen, sondern nur ein Warnhinweis. Ob dieses Schuldeingeständnis reichen wird, um es dabei zu belassen, das ist aber noch offen. Denn die Staatsanwaltschaft Antwerpen hat die Ermittlungen offiziell noch nicht eingestellt. Man werde auf jeden Fall noch untersuchen, ob beziehungsweise inwieweit es sich hier um eine Straftat gehandelt hat und ob man die Fernsehmacher gegebenenfalls dafür belangen kann, sagt der Justizsprecher.
Roger Pint