"Warum haben Sie nie etwas unternommen? Ich hab es Ihnen doch so oft gesagt". Die N-VA-Abgeordnete Kathleen Depoortere übte Donnerstag in der Kammer beißende Kritik am föderalen Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke.
Und tatsächlich mag es im Moment so aussehen, als habe der die Warnungen der Opposition diesmal wirklich vorschnell in den Wind geschlagen.
Die Geschichte ist noch gar nicht so alt. Es geht um die Verwaltung und Verteilung des Covid-Impfstoffes. In der ersten Phase der Pandemie war dafür die Firma Medista zuständig.
Doch hatte Medista das zur Verfügung stehende Budget überschritten, wie Vandenbroucke noch einmal in Erinnerung rief. Man habe den Auftrag also neu ausgeschrieben. Und den Zuschlag habe dann ein Konkurrenzunternehmen bekommen, das wesentlich kostengünstiger arbeite als Medista.
Bauchschmerzen von Anfang an
Doch hatte die N-VA-Opposition von Anfang an Bauchschmerzen angesichts der neuen Ausschreibung und vor allem des Ergebnisses. Immer wieder fragte Kathleen Depoortere im Parlament nach, warnte davor, dass in dieser Geschichte womöglich nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist.
Und sie finde es schon frustrierend, dass sie seit anderthalb Jahren beim Gesundheitsminister gegen eine Wand anrenne, beklagte Depoortere. "Nun, wenn dem so ist, dann, weil es keinen Grund gab, von Unregelmäßigkeiten auszugehen", erwiderte Vandenbroucke.
Gleich, nachdem Medista den Auftrag verloren hatte, habe das Unternehmen angefangen, die Entscheidung in Zweifel zu ziehen und auch Gerüchte zu streuen. Medista sei dann am Ende sogar vor den Staatsrat gezogen, um die Auftragsvergabe anzufechten.
Und dabei seien alle Argumente auf den Tisch gekommen, die die Opposition auch schon im Parlament vorgebracht habe. Die Beschwerde sei aber sang- und klanglos abgewiesen worden, dass Medista sogar darauf verzichtet habe, Einspruch zu erheben.
Unfreiwilliges Geständnis auf Video
Nur war das dann doch kein Zeichen dafür, dass Medista es darauf beruhen lassen würde. Im Gegenteil. Das Unternehmen hat sogar ein Ermittlerbüro auf den Fall angesetzt.
Und die Detektive haben es offensichtlich geschafft, eine Beamtin dazu zu bringen, unfreiwillig ein Geständnis abzulegen. Es handelt sich um eine Mitarbeiterin des Gesundheitsministeriums.
Nicht irgendeine Beamtin, sondern die, die für besagten Auftrag zuständig war. Das Video wurde anscheinend in einem Restaurant im Ausland heimlich mitgeschnitten.
Und darin sagt sie unumwunden, dass sie versucht habe, der französischen Firma Movianto zu helfen, um den Zuschlag zu bekommen.
Schon am Donnerstag im Parlament schien Kathleen Depoorter von den neuen Beweisen zu wissen. Die N-VA-Abgeordnete zitierte sogar daraus: "Ohne den Kontakt zu der Beamtin hätten wir den Zuschlag nie bekommen", soll ein Direktor von Movianto gesagt haben. "Liebe Kollegen, wenn das mal keine Beweise sind!", sagt Kathleen Depoortere.
Vieles davon steht tatsächlich auch in einem Brief, den nicht nur Frank Vandenbroucke, sondern auch Premierminister Alexander De Croo kürzlich erhalten haben. Darin wird eben darauf hingewiesen, dass es wohl neue Beweise über Unregelmäßigkeiten bei dieser Ausschreibung gibt, Beweise in Form von Aussagen.
Schonfrist bis Dienstag
"Nun, wenn's die gibt, dann soll man sie veröffentlichen", sagte Vandenbroucke. "Macht das öffentlich, und dann werden wir urteilen".
Die Zeitung Het Laatste Nieuws hat dann noch Donnerstagabend den besagten Film tatsächlich auf seiner Webseite veröffentlicht.
Eigentlich wollte die N-VA daraufhin Vandenbroucke noch einmal im Parlament anhören. Die Mehrheit entschied aber, die Sitzung vom kommenden Dienstag abzuwarten, um dem Minister Zeit zu geben, die Beweise zu sichten und seine Reaktion vorzubereiten.
Roger Pint
Frank Vandenbroucke und Unregelmäßigkeiten, da war doch mal was. Stichwort Agusta