"Die Weltklimakonferenz in Dubai, das ist nicht der Ort für Klima-Skeptiker, das ist aber auch nicht der Ort für Klima-Panik." Demonstrativ hoffnungsfroh ist Premierminister Alexander De Croo nach Dubai abgereist. Seine Botschaft lautet also: Wir dürfen das Ziel nicht aus den Augen, aber dabei auch nicht den Kopf verlieren.
Kein Platz für Hysterie, denn es ist ja nicht so, als hätte sich gar nichts bewegt. "Natürlich stehen wir vor einer enormen Herausforderung, aber wir haben immer noch alle Trümpfe in der Hand", sagte De Croo in der RTBF. "Und wir Belgier haben unsere Lösungen im Gepäck." Gemeint ist damit die belgische Industrie, also die Bereiche, in denen Belgien sich ein gewisses Know-how angeeignet hat.
Das gelte etwa für Offshore-Windparks, hier gehöre Belgien zur Weltspitze. Das gelte aber auch für Unternehmen wie z.B. John Cockerill, einen Betrieb, der im Bereich Wasserstoff eine Vorreiterrolle einnehme. "Wir müssen ein für alle Mal verstehen, dass Ökonomie und Ökologie sich nicht gegenseitig ausschließen", unterstreicht De Croo immer wieder. "Am Ende wird es nämlich die Industrie sein, die uns dabei helfen wird, unsere umweltpolitischen Ziele zu erreichen."
Und so paradox es klingen mag, aber Länder wie die Vereinigten Arabischen Emirate könnten in diesem Zusammenhang durchaus wertvolle Partner sein, sagt De Croo. "Denn die Vereinigten Arabischen Emirate nutzen ihre Einkünfte aus Öl-Geschäften, um die dann in nachhaltige Energien zu investieren. Und das in einer Größenordnung, von der wir in Europa nur träumen können." Ja, die Vereinigten Arabischen Emirate sind immer noch ein Land, das mit fossilen Energieträgern Geschäfte macht. Aber wer kauft diese Rohstoffe? Das sind doch letztlich wir. Wir müssen eben bei uns anfangen und einfach weniger Öl und Gas verbrauchen, so die Argumentation des Premiers.
Und bis dahin hat der Premierminister auch erfolgreich von der Tatsache abgelenkt, dass er eigentlich mit leeren Händen nach Dubai gereist ist. Denn eigentlich darf sich die belgische Delegation zu vielen Punkten gar nicht äußern. Aus dem einfachen Grund, weil es keinen gemeinsamen belgischen Standpunkt gibt. Allgemein wird die flämische Umwelt- und Energieministerin Zuhal Demir dafür verantwortlich gemacht. Man kann beinahe behaupten, dass die N-VA-Politikerin von Klimaschutzmaßnahmen eigentlich nichts wissen will.
Demir kritisiert ununterbrochen die EU-Entscheidungen in diesem Bereich, sie lehnt auch Teile der Beschlüsse des vorangegangenen Weltklimagipfels ab. Und auch die EU-Verhandlungslinie bei der Konferenz in Dubai will sie nicht unterschreiben. Konsequenterweise wird sie denn auch nicht an dem Gipfel teilnehmen. "Die Menschen erwarten doch von mir, dass ich hierbleibe und weiterarbeite, statt die siebte oder achte Ministerin zu sein, die da in Dubai herumparadiert", sagte Zuhal Demir im Regionalsender TV Limburg. 170 Menschen aus Belgien werden bei dem Gipfel dabei sein, sie habe da keine Rolle zu spielen.
Dass Demir zuhause bleibt, das sei an sich kein Problem, zitierte die Zeitung De Standaard unlängst ungenannte Diplomaten. Viel schlimmer sei es, dass sie der belgischen Delegation vor Ort die Arbeit unmöglich mache, weil sie im Namen Flanderns selbst EU-Standpunkte abschieße.
Premierminister Alexander De Croo trägt es mit Fassung. "Irgendwann werden wir uns schon noch auf einen belgischen Standpunkt einigen." Schade sei allerdings, dass Demir um die Klimaschutzpolitik eine Art Dauerpolemik mache, während doch die Gesellschaft und auch die Unternehmen längst verstanden hätten, dass an Klimaschutzmaßnahmen kein Weg vorbeiführe und dass das sogar die Konjunktur beleben könne.
Dass es keinen gemeinsamen, innerbelgischen Standpunkt gibt, das ist aber unterm Strich kein Problem. Denn letztlich sitzt Belgien nicht unmittelbar am Verhandlungstisch. Es ist nämlich die EU, die stellvertretend für ihre 27 Mitgliedstaaten die Verhandlungen führt.
Roger Pint
Die 70.000 Teilnehmer sind hoffentlich alle zu Fuß oder mit dem Fahrrad gekommen...