Photovoltaikanlagen erfreuen sich ja schon eine ganze Weile großer Beliebtheit, aber die Explosion der Energiepreise hat diese Entwicklung noch einmal enorm beschleunigt. Auf ganz Europa bezogen produzieren Solaranlagen mittlerweile bis zu 110 Gigawatt an Energie. Der belgische Solarpark liefert an guten Tagen so viel Strom wie fünf große Kernreaktoren.
Das Herzstück jeder Photovoltaikanlage ist dabei der sogenannte Solarwechselrichter. Der wandelt den Gleichstrom aus den Solar-Modulen in netzüblichen Wechselstrom um. Der Solarwechselrichter steuert und überwacht aber auch die gesamte Anlage.
Online steuerbar aus China
Und wie immer hat es hier eine rasante technische Weiterentwicklung gegeben, wie Solaranlagen-Installateur Yves De Bruycker gegenüber der VRT erklärt. Vor 18 Jahren habe er noch ausschließlich nicht-internetfähige Wechselrichter aus europäischer Produktion eingebaut. In den letzten fünf Jahren habe sich das aber dramatisch geändert, hin zu vor allem chinesischen Modellen, die online steuerbar sind. Online steuerbar heißt: Der Installateur hat auch aus der Ferne Zugriff auf die Photovoltaikanlagen aller seiner Kunden.
Er könne per Internet sogar die Wechselrichter ausschalten, erklärt De Bruycker. Und wenn er das könne, dann könnten das auch Menschen mit bösen Absichten, dann könnten das auch die Chinesen.
Solange nur einzelne Wechselrichter und Anlagen stillgelegt werden, ist das nicht weiter tragisch. Ganz anders sieht es hingegen aus, wenn jemand gleichzeitig und koordiniert viele Wechselrichter ausschalten würde. Denn damit würden durchaus sensible Produktionskapazitäten unerwartet wegfallen, so Joannes Laveyne von der Universität Gent.
Wenn an einem sonnigen Tag plötzlich Dutzende Gigawatt fehlten, dann sei das ein großes Problem. Im besten Fall müsse man dann mit lokalen Blackouts rechnen, je nach Ausmaß des Problems aber sogar mit nationalen oder grenzüberschreitenden Ausfällen der Stromnetze.
Rein technisch betrachtet ist so ein Angriff also möglich. Bleibt die Frage, wie wahrscheinlich es ist. Und hier gehen die Meinungen durchaus auseinander.
Nicht naiv sein
Geert Deconinck von der KU Löwen etwa, seines Zeichens Fachmann für smarte Energienetzwerke, schätzt die Chance eher klein ein, dass so etwas in großem Maßstab passieren könnte. Laut Schätzungen von Cyberexperten in Australien würde es aber schon reichen, nur rund 20 Prozent der chinesischen Wechselrichter auszuschalten, um das Stromnetz in die Knie zu zwingen. Und dann könne es unter Umständen bis zu einer Woche dauern, um alles wieder hochzufahren.
Die chinesischen Firmen, die die Wechselrichter herstellen, beteuern derweil hoch und heilig, dass der chinesische Staat ihnen keine Befehle erteilen könne. Experten verweisen aber sicher nicht ganz ohne Grund auf den weitreichenden Arm des Regimes in Peking. Und zumindest als Gedankenspiel hat Chinas Militär durchaus schon die Option von Angriffen auf die Energienetze anderer Länder aufgegriffen.
Vor allem dürfe man nicht naiv sein, warnt Thijs van de Graaf, Experte für internationale Energiepolitik, das sei eine der großen Lehren aus den vergangenen Energiekrisen. Bei den Russen habe auch niemand glauben wollen, dass sie wirklich den Gashahn zudrehen würden – bis sie es doch getan hätten. Man dürfe also keinesfalls sehenden Auges wieder in solche potenziellen Fallen laufen.
Deshalb müsse man wirklich lernen aus den Fehlern der Vergangenheit und nicht nur wachsam bleiben, was alte Bedrohungen angehe, sondern auch, was neue betreffe, die sich aus der Weiterentwicklung der Energiesysteme ergeben.
Boris Schmidt
Es ist ein weiterer Fall, der die Abhängigkeit verdeutlicht und warum wir die wesentlichen Dinge, wie die Energieproduktion, mit eigenen Mitteln gewährleisten müssen. Und dann ist die Cybersicherheit natürlich noch immer ein wichtiger Aspekt.
Es wäre schön, enthielte dieser Beitrag konkrete Details und nicht nur vage Behauptungen. Wir setzen solche Systeme ein und überwachen auch den Netzverkehr u. a. mit OPNsense. Auffälligkeiten gibt es nicht, offene Ports ebenso wenig. Mehr als Spekulation zugunsten des üblichen Alarmismus ist das Ganze also nicht.