Das Westhoek-Hochwasser war am Donnerstag auch Thema im föderalen Parlament. "Während wir hier debattieren, verfolgen die Bürger in West- und Ostflandern voller Angst den Wetterbericht". Der Groen-Abgeordnete Wouter De Vriendt sprach vielen Kollegen aus der Seele, nicht wenige waren nämlich wohl im Kopf bei den Menschen vor allem im Westhoek. Denn dort ist die Lage weiterhin sehr prekär.
Franky Demon von der CD&V brachte es mit einer fast schon grausamen Feststellung auf den Punkt: "In Ortschaften wie Diksmuide oder Houthulst stellt sich nicht mehr die Frage, ob die Häuser volllaufen werden, sondern wann."
Auf dem Terrain im Westhoek kämpfen die Rettungskräfte in der Tat mit Mann und Macht gegen das Hochwasser, das sich immer weiter durch das Gebiet frisst. Im Grunde ist die Region entlang der IJzer eine einzige Wasserlandschaft, aus der nur noch die Wohngebiete herausragen. Geschützt werden die von Deichen, die aber auch längst nicht mehr hoch genug sind. Immer wieder brechen die Fluten irgendwo durch, und müssen dann die betroffenen Anwohner evakuiert werden. Wie Dominosteine fallen Weiler nacheinander den Fluten zum Opfer.
"Die Evakuierungs-Pläne liegen auf dem Tisch", sagte der westflämische Provinzgouverneur Carl Decaluwé in der VRT. "Wir kennen die kritischen Punkte. Jetzt hängt alles nur noch davon ab, wieviel Regen wir abbekommen werden."
Banges Abwarten also, aber nicht nur. Denn: Mit jedem zusätzlichen Regentropfen entstehen rechts und links neue Probleme, neue Nöte. Darum kümmern sich dann gleich die zuständigen Dienste der flämischen Region, die zum Beispiel Flussbetten ausbaggern, Deiche verstärken bzw. erhöhen oder Notdeiche errichten. Bei alledem ist immer ein Auge auf den Himmel gerichtet. Denn zu viel Regen ist einfach zu viel in dieser prekären Situation.
"Wie können wir diesen Menschen von der föderalen Ebene aus helfen?", fragte sich denn auch der Groen-Parlamentarier Wouter De Vriendt in der Kammer. "Ich kann nur an Sie appellieren, mit Ihrer Regierung alle Hebel in Bewegung zu setzen, um Hilfe bereitzustellen", wandte sich De Vriendt an Premier De Croo. "Der Zivilschutz, notfalls auch die Armee, all das kann entscheidend sein."
Auch der CD&V-Kollege Franky Demon plädierte für eine Stärkung des Zivilschutzes, damit der Staat künftig bei solchen Katastrophen effizienter auftreten kann.
Bei Premierminister Alexander De Croo liefen die Abgeordneten offensichtlich offene Türen ein. "Wir wissen, dass solch extreme Wetterphänomene in Zukunft immer häufiger auftreten werden", sagte De Croo. "Erst recht vor diesem Hintergrund müssen wir uns schnellstens auf diese neue Situation einstellen."
Die Deiche müssen verstärkt bzw. erhöht werden, die Wasserläufe müssen ausgebaggert, die Rettungskräfte gestärkt werden. Davon abgesehen sei natürlich auch der Zivilschutz im Moment auf dem Terrain. Und auch die Feuerwehren im Westhoek seien verstärkt worden durch Kollegen aus anderen Landesteilen, auch aus der Wallonie übrigens.
Aber wenn diese Krise einmal überstanden ist, dann werde er dafür sorgen, dass sich die verschiedenen Regierungen des Landes auch einmal zusammensetzen, sagte De Croo, um gemeinsam nach neuen Strategien zu suchen, wie man solche Katastrophen in Zukunft besser meistern kann. Einbezogen werden müssen da auch die lokalen Behörden und die Nachbarländer. "Wir können die Herausforderungen nur angehen, wenn wir alle an einem Strang ziehen", sagte De Croo. Er könne aber nur mit Genugtuung feststellen, dass das im Moment eigentlich schon passiere.
Roger Pint