Es ist vielleicht die Ruhe vor dem großen Sturm. Nachdem am Montag die Zeitungen ausführlich über den Befund der hohen Konzentration von gesundheitsschädlichen, so genannten Ewigkeitschemikalien, auch PFAS genannt, im Trinkwasser rund um die Gemeinde Chièvres berichtet hatten, folgte eine fast schon aussagekräftige Stille.
Gerade so, als ob alle auf den morgigen Tag warten würden. Denn Dienstag will sie sprechen: Céline Tellier, die wallonische Umweltministerin von Ecolo.
Sie war in zwei Briefen ihrer flämischen Amtskollegin Zuhal Demir im März vergangenen Jahres und erneut im Januar dieses Jahres über zu hohe PFAS-Werte im Trinkwasser der flämischen Gemeinde Halle südlich von Brüssel informiert worden.
Tellier wusste Bescheid
Das Trinkwasser in Halle wird von der Wallonie geliefert. Tellier wusste also, dass es in der Wallonie ein Problem mit PFAS im Trinkwasser gab.
Neben ihr wurden auch die wallonische Gesundheitsministerin Christie Morreale von der PS und Brüssels Umweltminister Alain Maron von Ecolo über diesen Befund informiert. Das alles brachte eine RTBF-Recherche vergangene Woche ans Licht. Danach folgten einzelne Wortgefechte - bis Sonntag.
Am Montag kaum Aussagen von Politikern zu der Sache. Eine Ausnahme bildete Georges-Louis Bouchez, Parteivorsitzender der MR. Der wurde am Montagvormittag von der RTBF zum Skandal befragt.
Noch kein Kopf gefordert
Und das hatte durchaus seinen Reiz. Zwar werden MR-Politiker nicht mit dem Skandal in Verbindung gebracht. Aber die MR bildet zusammen mit PS und Ecolo ja die Regierung in der Wallonie. Die MR eben wegen dieser Regierungsbeteiligung auch mitschuldig an dem Skandal? Bouchez winkte ab.
"In diesem Fall", sagte er, "ist es eher kompliziert, die gesamte Regierung für irgendetwas verantwortlich zu machen. Denn es sind die einzelnen Minister, die im Rahmen ihrer Zuständigkeiten individuell Informationen erhalten und dann auch Aktionen veranlassen können."
Eine Antwort, die natürlich nicht überraschte. Überraschend dagegen eher, dass Bouchez keine Köpfe fordert. Ein Rücktritt von Tellier zum Beispiel?
"Ich werde die Sache nicht an einer Person festmachen", antwortete Bouchez. "Denn das wäre die sicherste Methode, sich nicht weiter mit dem eigentlichen Problem beschäftigen zu müssen."
Das schwerwiegendste Problem sieht Bouchez nämlich nicht unbedingt in der Verseuchung des Trinkwassers. Nicht, dass er das gut findet, ein Problem sei das natürlich auch.
Bürger nicht informiert
Aber vielmehr prangert Bouchez an, dass die Bürger darüber nicht informiert wurden, obwohl gleich mehrere Politiker und auch andere Personen der Verwaltungsapparate angeblich wussten, dass es ein Problem gab.
Wörtlich sagte Bouchez: "Was mich hier stört ist, dass die Bürger nicht informiert wurden. Die Bürger haben die Informationen, die jetzt kommuniziert werden, damals nicht bekommen. Zum Beispiel die Warnung, Gemüse aus dem Garten nicht zu essen, oder keine Eier, wenn man eigene Hühner hat. Hier ist etwas arg schiefgelaufen, und wir müssen feststellen, wo genau etwas hätte getan werden müssen."
Ähnlich hört sich das an, was andere Parteien in der Wallonie zu der Affäre bereits am Wochenende gesagt hatten. Deutliche Kritik an der mangelnden Kommunikation, aber noch keine scharfen Rücktrittsforderungen in Richtung Céline Tellier. Die Oppositionsparteien PTB und Les Engagés sind sich darin bislang einig.
Bleibt also abzuwarten, was am Dienstag im Umweltausschuss des wallonischen Parlaments passiert. Ob nach der Stellungnahme von Tellier sich die Gemüter wieder etwas mehr beruhigen. Oder ob ganz im Gegenteil der Skandal dann erst so richtig Fahrt aufnehmen wird.
Kay Wagner
Eine bekannte Fast-food Kette mixt die Markencola mit deren Pulver und … Leitungswasser.