Schon seit den 1990er Jahren gibt es in Belgien die Idee, einen Punkteführerschein einzuführen. Mit den Punkten werden Verkehrssünder bestraft. Wer eine bestimmte Anzahl von Punkten hat, dem wird der Führerschein für eine bestimmte Zeit entzogen. In rund 20 europäischen Ländern gehört der Führerschein mit Punkten bereits zum Alltag der Autofahrer.
Vor knapp einem Jahr hatten sich die zuständigen Minister der Föderalregierung im Prinzip darauf geeinigt, den Punkteführerschein auch in Belgien einzuführen. Wichtig sind hier die Worte "im Prinzip". Denn jetzt sieht es so aus, als ob der Punkteführerschein wieder einmal nicht kommen wird.
Protest von PS und MR
Grund: der Protest von PS und MR. Beide Parteien gehören der föderalen Regierungskoalition an, sind aber nicht einverstanden mit dem, was die Minister für Verkehr, Inneres und Justiz für den Punkteführerschein vorsehen. Diese Minister gehören alle zu anderen Parteien der Regierung: Georges Gilkinet für Verkehr kommt von Ecolo, Annelies Verlinden für Inneres ist bei der CD&V zu Hause, Justizminister Vincent Van Quickenborne ist Mitglied der OpenVLD.
Ihren Protest gegen den Punkteführerschein hatten PS und MR schon im November vergangenen Jahres geäußert. Die PS wertet den Entzug des Führerscheins als einen zu großen Eingriff in das Privatleben und auch das berufliche Leben vieler Menschen. Viele seien täglich auf das Auto angewiesen. Es müsse andere Wege geben, diese Menschen bei schlechtem Verhalten im Straßenverkehr zu bestrafen.
Neue Pläne noch nicht reif
Auch die MR hatte schon im vergangenen November ihren "heftigsten Widerstand" gegen den Punkteführerschein angekündigt. Und jetzt scheinen PS und MR sich durchgesetzt zu haben. Georges Gilkinet hat bestätigt, dass er an einer Alternative für den Punkteführerschein arbeite. Einzelheiten dazu wollen allerdings er und sein Ministerium noch nicht bekanntgeben. Dafür seien die Pläne noch nicht reif genug.
Sehr wahrscheinlich ist, dass in diesen Plänen Vorschläge von PS und MR berücksichtigt werden. Gemeinsam haben die beiden Parteien Alternativvorschläge formuliert. Statt mit Punkten zu bestrafen, wollen sie vier Maßnahmen einführen, um gegen gefährliches Verhalten von Autofahrern besser vorzugehen.
Datenbank und höhere Strafen
Zunächst soll eine Datenbank mit all denjenigen angelegt werden, die schon einmal gegen Verkehrsregeln verstoßen haben. Dadurch soll es möglich werden, diese Autofahrer öfter zu kontrollieren als andere. Mit neuen Kampagnen sollen alle Verkehrsteilnehmer noch stärker als bisher sensibilisiert werden für die Gefahren, die zu schnelles Fahren und Nicht-Einhalten der Verkehrsregeln mit sich bringen. Und schließlich sollen die Strafen erhöht werden.
Verkehrsminister Gilkinet zeigt sich zuversichtlich, dass die Neuerungen noch vor den Wahlen im kommenden Juni verabschiedet werden könnten. Wie genau das neue System dann aussehen wird, bleibt abzuwarten. Klar scheint jedoch: Der Punkteführerschein wird unter der Vivaldi-Regierung nicht kommen.
Kay Wagner