Es ist ein symbolträchtiger Augenblick, als der mittlerweile 76-jährige Jozef De Kesel seinem viel jüngeren Nachfolger in der Kathedrale von Mechelen die entscheidende Frage stellt, ob er bereit sei, das Amt zu erfüllen. Ja, er sei bereit das Amt des Erzbischofs von Mechelen-Brüssel anzunehmen, antwortet Luc Terlinden. Und er gelobe, es mit Gottes Hilfe bis zu seinem Tod auszuüben.
Das heißt, so die Hoffnung nicht nur der Oberen der Katholischen Kirche, hoffentlich sehr, sehr lange, denn Luc Terlinden ist erst 54. Im Vergleich zu den meisten anderen hohen und höchsten Würdenträgern ist er also fast noch ein Jungspund.
Jüngster Erzbischof
Tatsächlich ist Terlinden damit seit Sonntag auch der jüngste Erzbischof der größten Diözese des Landes. Das hat auch damit zu tun, dass Terlinden quasi eine Stufe überspringt, nämlich die des Bischofs. Damit liege Terlinden ganz auf der Linie von Papst Franziskus für eine Kirche mit einem jungen Gesicht, so Tommy Scholtes gegenüber der RTBF. Er ist der Sprecher der belgischen Bischofskonferenz.
Aber was wissen wir eigentlich noch über Terlinden, jenseits seiner schon so viel beschworenen Jugend? Luc Terlinden wird 1968 in Etterbeek geboren als jüngstes von sieben Kindern, er ist also ein waschechter Brüsseler. Er wird katholisch erzogen und hat nach eigenen Angaben auch während seiner Zeit in der Schule und bei den Scouts Kontakte zur Kirche. Im Anschluss studiert er zunächst Wirtschaft und unterrichtet das Fach sogar, seinen Wehrdienst leistet er als Reserveoffizier in Deutschland ab.
Wie man also sieht, ist der Weg von Luc Terlinden in die Katholische Kirche nicht unbedingt sehr geradlinig, wie er auch selbst freimütig einräumt. Nicht, weil er an seinem Glauben gezweifelt hätte. Er sei erst mit 24 ins Priesterseminar eingetreten und besonders das Zölibat sei für ihn eine große Herausforderung gewesen.
Aber Terlinden trifft seine Entscheidung und gewinnt diesen Kampf, 1999 wird er von Kardinal Godfried Danneels zum Priester geweiht. Es folgen verschiedene Stationen, unter anderem in Rom, bevor er von Danneels nach Belgien zurückgeholt wird. Auf sieben Jahre in Neu-Löwen folgen zehn Jahre in der Brüsseler Stadtgemeinde Ixelles, bevor Terlinden 2021 als rechte Hand von Erzbischof Jozef de Kesel nach Mechelen übersiedelt.
Immer in Bewegung
Terlinden habe ständig in Bewegung sein müssen, erinnert sich ein Mitglied seiner alten Kirchengemeinde in Ixelles, deswegen habe sie ihm den Spitznamen "Tornado-Priester" gegeben. Er sei gut darin, die Menschen um sich zu scharen, lobt ein anderes Gemeindemitglied, und er höre den Menschen wirklich zu.
Eine Eigenschaft, die ihm auch von den Scouts bestätigt wird, die er seelsorgerisch betreut hat. Terlinden sei auch immer sehr engagiert gewesen und habe seine Nähe zu den Scouts gezeigt. Und noch etwas haben sie dort von ihm besonders in Erinnerung behalten: Terlinden sei nicht nur immer sehr nett gewesen, sondern habe auch immer seinen lustigen Hund dabei gehabt, erzählen zwei junge Scouts. Dieser lustige Hund heißt übrigens Oscar und ist ein Dackel – und zudem ein langjähriger und treuer Begleiter des frischgebackenen Erzbischofs.
Außer Dackeln mag Terlinden aber auch Fußball, genauer gesagt ist er Anhänger des RSC Anderlecht, außerdem ist er auch passionierter Skifahrer.
Offen für Neues
Inhaltlich gilt Terlinden als progressiv, wie auch Tommy Scholtes hervorhebt. Terlinden sei wirklich offen für Überlegungen über die zukünftige Rolle der Frauen in der Kirche und über die Ordination von verheirateten Männern.
Ein Punkt, den Terlinden zumindest indirekt während seiner Weihe zum Erzbischof auch selbst noch einmal aufzugreifen scheint. Er erfreue ihn besonders zu sehen, dass Frauen und Männer mehr Verantwortung in der Kirche übernähmen, so Terlinden.
Boris Schmidt