Am 14. August hat Justizminister Vincent Van Quickenborne zu Hause im westflämischen Kortrijk seinen Geburtstag gefeiert. Van Quickenborne wurde 50. Entsprechend war es denn auch eine größere Party, bei der sich eine ganze Reihe von bekannten Persönlichkeiten aus der Region die Ehre gab - anscheinend auch einige Schwergewichte aus der nationalen Politik. Laut der Zeitung Het Nieuwsblad soll sogar Premierminister Alexander De Croo anwesend gewesen sein. Van Quickenborne und De Croo sind langjährige Weggefährten.
Gegen Ende des Abends scheint das Ganze aber doch irgendwie aus dem Ruder gelaufen zu sein. Zumindest einige der Gäste hatten wohl deutlich zu viel getrunken. Vor allem drei Männer, die irgendwann in den frühen Morgenstunden aus der Villa nach Hause torkelten. Dabei kamen sie an einem Polizeifahrzeug vorbei, das ein paar Meter weiter in der Straße stand. Es kam, wie es nicht kommen durfte: Die drei stellten sich an besagten Polizeiwagen und pinkelten dagegen - das Ganze übrigens unter dem Gelächter einiger anderer Gäste, die die Szene beobachteten. Van Quickenborne selbst behauptet, dass er davon nichts gewusst habe, geschweige denn den Vorfall gesehen zu haben.
Das Polizeifahrzeug an sich war leer. Der Wagen stand nur da zur Abschreckung, aber eben ohne Besatzung. Dumm nur für die "Wild-Pinkler", dass der Bereich auch von einer Überwachungskamera gefilmt wurde. Im Kontrollraum der Polizei wurde der Vorfall mitverfolgt. Dort konnte man offenbar so gar nicht darüber lachen.
Ermittlungen wegen Beleidigung der Polizei
Die Geschichte sei zu Protokoll genommen worden, sagte in der VRT Tom Janssens, Sprecher der Staatsanwaltschaft Westflandern. Es seien jetzt Ermittlungen eingeleitet worden wegen Beleidigung der Polizei. "Ermittlungen", das sei ein großes Wort, sagt Sprecher Tom Janssens. Es gebe ja besagte Kamerabilder. Die drei Personen wird man wahrscheinlich sehr leicht identifizieren können. Die würden im Anschluss natürlich auch verhört.
Nach Informationen der Zeitung Het Nieuwsblad will die Polizei in dieser Sache auch die Gastgeber verhören, also Vincent Van Quickenborne und seine Ehefrau. Denn die beiden sollten doch am besten wissen, wen sie eingeladen haben, und vielleicht haben sie auch schon so eine leise Ahnung, wer die drei "Wild-Pinkler" waren. All das macht das Ganze für den Justizminister dann nochmal peinlicher.
Konsequenzen für Van Quickenborne
Es war eben die Zeitung Het Nieuwsblad, die Wind von der Sache bekommen hatte und die Geschichte am Mittwoch veröffentlichte. Damit war der Stein dann definitiv ins Rollen gekommen. Denn jetzt kennt eben die ganze Welt den Epilog der Party in Kortrijk. Das hat inzwischen auch Konsequenzen für den Politiker Vincent Van Quickenborne, genauer gesagt für den Justizminister, der er ist.
Erstens dient die Polizeipräsenz in seinem Viertel ausschließlich seinem Schutz. Mehrmals waren Van Quickenborne und seine Familie in letzter Zeit bedroht worden. Da war sogar von einem Entführungsversuch die Rede. Dahinter steckt vermutlich die Drogenmafia, der offenbar der umtriebige Justizminister ein Dorn im Auge ist. Noch Ende vergangenen Jahres musste die Familie in einem sogenannten 'Safe House' (einer gesicherten Wohnung) untergebracht werden.
Eben weil die Ordnungskräfte seit Monaten so viel Zeit und Energie in den Schutz der Van Quickenbornes investiert haben, ist man bei Polizei und Justiz regelrecht sauer über den Vorfall. Das gibt auch der Sprecher der Staatsanwaltschaft offen zu. "Wir können nicht anders, als in dieser Sache zu ermitteln", sagt Tom Janssens in der VRT. Denn diese Geschichte berührt uns alle. Sie berührt den Minister. Sie berührt die Mitarbeiter der Polizei und sie berührt auch uns. Unnötig sei das Ganze auch noch, denn man habe eigentlich was anderes zu tun, als sich mit "Wild-Pinklern" zu beschäftigen.
Diese Geschichte ist darüber hinaus auch schädlich für die Glaubwürdigkeit des Justizministers. Van Quickenborne predigt bei jeder Gelegenheit Respekt, insbesondere gegenüber der Polizei. Er plädierte in diesem Zusammenhang auch schon für eine Politik der Null-Toleranz. Das passt dann nicht zu Partygästen, die ein Polizeifahrzeug für eine Toilette halten.
Eben deswegen ist der Minister für einige nicht mehr tragbar. Die Polizeigewerkschaft SNPS hat schon seinen Rücktritt gefordert. Van Quickenborne selbst beteuert, von dem Vorfall nichts gewusst zu haben und betont, dass er ein solches Verhalten entschieden ablehne.
Roger Pint
Sage mir, mit wem du verkehrst, und ich sage dir, wer du bist.