Um 00:30 Uhr, nach knapp fünfeinhalb Stunden, war es vollbracht. Die Vorsitzende Richterin hat das Urteil in seiner Gesamtheit verlesen, also nicht nur die Schuldsprüche, sondern auch die entsprechenden Urteilsbegründungen, und zwar in allen Einzelheiten. Beobachter loben im Übrigen das "nuancierte und sehr motivierte" Urteil des Brüsseler Schwurgerichtes.
Sechs der zehn Angeklagten wurden quasi auf der ganzen Linie für schuldig befunden, allen voran Mohamed Abrini und Osama Krayem, die sich am 22. März 2016 eigentlich in die Luft sprengen sollten und im letzten Moment einen Rückzieher gemacht hatten. Für die meisten von ihnen ist das keine Überraschung, einige hatten sogar auf schuldig plädiert.
Doch wird auch Salah Abdeslam wegen terroristischen Mordes und Mordversuchs verurteilt. Seine Anwälte hatten demgegenüber geltend gemacht, dass ihr Mandant zum Zeitpunkt der Attentate im Gefängnis saß.
Oussama Atar wird in dem Urteil als der Anführer der Gruppe bezeichnet. Atar war aber bei dem Prozess nicht anwesend, er gilt als tot.
Zwei weiteren Angeklagten konnte man eine aktive Rolle bei den Anschlägen nicht nachweisen, lediglich, dass sie Mitglieder der Terrorzelle waren. Und die beiden Farisi-Brüder wurden vollständig freigesprochen.
Mammutprozess
Mehr als sieben Monate hat der Prozess gedauert. Jetzt geht es erst einmal in die Sommerpause. Über das Strafmaß wird danach entschieden. Das Verfahren soll Anfang September wieder aufgenommen werden. An der Festlegung des Strafmaßes werden auch ein letztes Mal die Geschworenen aktiv beteiligt sein.
Bei dem Mammutprozess waren mehr als 900 Nebenkläger vertreten. Es ging es um die Aufarbeitung der Anschläge vom 22. März 2016. Bei zwei Attentaten im Brussels Airport und in der Brüsseler Metrostation Maelbeek waren 32 Menschen getötet und über 300 weitere zum Teil schwer verletzt worden. Durch das Urteil wird die offizielle Zahl der Todesopfer im Übrigen jetzt de facto auf 35 korrigiert.
Justizminister begrüßt professionellen Prozessverlauf
Justizminister Van Quickenborne hat den professionellen Verlauf des Prozesses begrüßt. Dabei lobte er auch die Arbeit der Geschworenen. Die Jurymitglieder hätten ihre schwierige Aufgabe in den letzten acht Monaten in einer Weise erfüllt, die großen Respekt verdiene. Und er hoffe, dass der Schuldspruch den Opfern und ihren Familien helfen werde, das Geschehene besser zu verarbeiten.
Roger Pint