Pieter0167, so nannte sich Pieter C., wenn er im Internet unterwegs war. Und Pieter0167 war im Netz meist auf der Suche nach Bildern oder Videos, die Kindesmissbrauch zeigten. 400.000 Missbrauchsdarstellungen hat man auf seiner Festplatte gefunden, fein säuberlich geordnet, 700 Gigabyte an blankem Horror…
Ins Netz ging er den Fahndern nach einem entsprechenden Tipp der amerikanischen Bundespolizei FBI. Sie hatte den Pädophilen mit Doppelleben enttarnt. In der realen Welt war Pieter C. ein erfolgreicher Banker und Anlageberater. Viel Geld hat er verdient. So viel, dass er sogar den Großmütigen spielen konnte. Im Laufe der Ermittlungen stellte sich heraus, dass der gebürtige Niederländer zusammen mit seiner Frau in Kambodscha ein Waisenhaus gestiftet hatte. Das Ehepaar organisierte regelmäßig Spendengalas, um Geld für das Projekt zu sammeln. In Wahrheit war das alles aber auch nur ein Deckmantel für die kruden sexuellen Neigungen des Pieter C., denn laut Erkenntnissen der Ermittler soll er seine kambodschanischen Pflegekinder missbraucht haben.
Nach seiner Enttarnung wurde dem Mann 2016 in Antwerpen der Prozess gemacht. Gegen ihn wurde die schwerste Strafe verhängt, die bis dahin in Belgien in einem solchen Zusammenhang ausgesprochen wurde: 19 Jahre Haft und zusätzlich noch einmal 15 Jahre Sicherungsverwahrung.
Bereits im Mai in aller Diskretion entlassen
Die Dauer, der Umfang und der Ernst der Vergehen machten aus der Akte einen besonders grausamen Fall, so begründete der Richter seinerzeit das Urteil. Das war 2016, also vor sieben Jahren. Dieser Mann, dem das Gericht eine besondere Grausamkeit bescheinigte, wurde inzwischen freigelassen, nachdem er gerade einmal rund ein Drittel seiner Strafe abgesessen hat. Enthüllt hat das die Zeitung Het Nieuwsblad. Der Artikel schlug ein wie eine Bombe. Demnach wurde Pieter C. bereits im Mai in aller Diskretion aus der Haft entlassen. Er durfte sich auch in den Niederlanden, seinem Heimatland niederlassen. Laut Het Nieuwsblad wohnt er jetzt im Amsterdam.
Das sei schwer zu verkraften, sagte in der VRT Heidi De Pauw, Chefin von Child Focus. Das sei für alle Opfer ein Schlag ins Gesicht. Auch für die zuständigen Dienste, die damals mit dem Fall befasst waren, angefangen bei der Antwerpener Polizei. Heidi De Pauw denkt an "all jene, die in dieser Akte Himmel und Erde bewegt haben". Dazu gehörte auch ihre eigene Organisation. Denn Child Focus war in dem Verfahren gegen Pieter C. seinerzeit als Nebenkläger aufgetreten. Trotzdem wurde man nicht über die Freilassung des Kinderschänders in Kenntnis gesetzt, wobei das eigentlich laut Gesetz so sein müsste.
Child Focus hatte sich sogar an der "Jagd" nach Pieter C. beteiligt. Der hatte sich nämlich erst noch nach Kambodscha abgesetzt, um sich der Justiz zu entziehen. Child Focus schrieb einen Brief an den kambodschanischen König, um die Auslieferung des Verdächtigen zu erwirken. Bis sich Pieter C. dann doch selbst den Behörden stellte.
Nicht nur, dass er geflohen war, er habe auch in dem Verfahren zu keinem Zeitpunkt Schuldbewusstsein oder gar Reue gezeigt. Und doch komme er jetzt in den Genuss einer vorzeitigen Haftentlassung, beklagt Heidi De Pauw in Het Nieuwsblad.
Strikt nach dem Gesetz entschieden
In dieser Sache sei strikt nach dem Gesetz entschieden worden, ist demgegenüber Walter Van Steenbrugge, der Anwalt von Pieter C., überzeugt. Er verwies in der VRT auf eine Reihe von Expertengutachten, die allesamt zu dem Schluss gekommen seien, dass die Rückfallgefahr sehr niedrig beziehungsweise gleich null sei.
Bei solchen Aussagen kann die Child-Focus-Chefin nur mit dem Kopf schütteln. 25 Jahre arbeite sie nun schon im Bereich der Bekämpfung von sexuellem Missbrauch von Kindern. Aus dieser Erfahrung heraus habe sie größte Zweifel an der angeblichen Genesung des Mannes. Sie mache sich auch Sorgen über die Sicherheit von Kindern in dessen Umgebung. Dafür sind jetzt die niederländischen Behörden zuständig. Pieter C. stehe in Amsterdam unter strikter Aufsicht.
Roger Pint