Es ist sehr grün und ruhig hier in Wezembeek-Oppem, wo die Hauptstadt langsam ins ländlichere Umland von Flämisch-Brabant ausfranst und wo seit dem Ende der 1960er-Jahre die Deutsche Schule residiert.
Linkerhand findet man die "Kleinen", also Kinderkrippe, Kleinkindgruppen, Kindergarten mit Vorschule und Grundschule. Auf der rechten Seite steht die Oberschule, die sich in Realschule, Gymnasium und Fachoberschule unterteilt und vor der drei Fahnen im Wind wehen: die deutsche, die der Schule und die belgische.
Ein Architekturmodell im Foyer zeigt die geplante Zukunft der Schule, denn es gibt große Umbaupläne. Doch sie hat auch eine große Vergangenheit, denn die Schule kann einen beeindruckenden 220. Geburtstag feiern.
Angefangen hat alles, wie so vieles in der Geschichte der Menschheit, mit Handel, wie der stellvertretende Schulleiter Jörg Heinrichs erklärt. "1803 hat die Gemeinde der in Brüssel ansässigen deutschen Kaufleute zur Beschulung ihrer Kinder die erste deutsche Schule gegründet. Belgien wurde als Staat ja erst 1830 gegründet, damit ist die deutsche Schule Brüssel interessanterweise also sogar älter als ihr Sitzland."
Spiegel der belgisch-deutschen Geschichte
Wobei man mit dem Ausdruck "die" deutsche Schule Brüssel vorsichtig sein muss, denn die aktuelle ist schon die vierte Inkarnation der deutschen Schule. Das erklärt sich unter anderem – und wenig überraschend natürlich – auch durch die belgisch-deutsche Geschichte. "Nach den Kriegen gab es immer einen Einschnitt in der Geschichte der Schule, denn natürlich wollten die belgischen Autoritäten die Deutschen damals nicht mehr da haben."
Aber die Geschichte der deutschen Schule Brüssel ist zum Glück nicht nur ein Spiegel der dunklen, sondern auch der hellen Kapitel: Nur sechs Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird die Schule neu gegründet. "Die 1950er-Jahre waren ja auch die Periode, in der Robert Schuman seinen Plan für das Europäische Projekt aufgelegt hat, die Zeit, in der die deutsch-französische Aussöhnung Fahrt aufgenommen hat, und schließlich, dann schon den 1960er-Jahren im Kontext des Kalten Krieges, auch die Wiederaufnahme und Einbettung Westdeutschlands in die internationale Gemeinschaft. Und bei all dem hat eine Einrichtung wie die deutsche Schule in Brüssel natürlich auch eine Rolle gespielt", erklärt Jörg Heinrichs.
Kooperationen mit der DG
All das wirkt übrigens bis heute nach in den Verantwortlichkeiten der deutschen Schule Brüssel: Denn sie hat nicht nur ganz offiziell die Aufgabe, die deutsche Sprache und Kultur im Ausland hochzuhalten, sondern auch aktiv in Zusammenarbeit mit dem Gastland an Aussöhnung, Aufarbeitung und Gedenken mitzuwirken.
Gerade mit der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens verbindet die deutsche Schule aber noch mehr, wie Heinrichs unterstreicht. In der Vergangenheit habe es etwa Kooperationen in den Bereichen Sport und Geschichte gegeben, die Pandemie habe sich allerdings auch hier negativ bemerkbar gemacht.
Und einen weiteren Aspekt dürfe man auch nicht vergessen, so Verwaltungsleiterin Petra van den Beukel: Viele Deutsche in Belgien griffen gerne auf deutschsprachige belgische, Expertise zurück, sprich auf ostbelgische – von diversen Experten bis hin zu Handwerkern. Als sozialer Schwerpunkt deutschen Lebens in Belgien spiele die Schule auch in diesem Kontext eine wichtige Rolle.
Kinder aus 30 Nationen
Aber natürlich ist die deutsche Schule vor allem auch genau das: eine Schule, in der Kinder und Jugendliche lernen beziehungsweise in Deutschland und international anerkannte Abschlüsse machen sollen. Eine Aufgabe, die sich im Lauf der letzten Jahre aber deutlich verändert hat, wie Verwaltungsleiterin Petra van den Beukel hervorhebt. Anfangs sei die deutsche Schule mehr oder weniger eine "Expat"-Schule für Kinder deutscher Eltern gewesen, die zeitweise nach Belgien entsandt waren. In den letzten fünf oder mehr Jahren sei aber zunehmend zu beobachten, dass auch andere Familien auf die iDSB zurückgriffen, mittlerweile besuchten Kinder aus über 30 Nationen die Schule.
Das stets internationalere Publikum geht aber auch noch mit einer anderen Entwicklung einher: Immer mehr Eltern sind bereit, sich die Bildung ihrer Kinder – verhältnismäßig gesprochen – durchaus etwas kosten zu lassen. Denn die deutsche Schule Brüssel ist eine Privatschule, die Höhe der anfallenden Schulgelder ist also nicht unerheblich.
Dass die Zahl der Schüler beziehungsweise selbst zahlender Eltern dennoch zunehme, sei aber doch ein Zeichen dafür, dass die Schule etwas richtig machen müsse, so Jörg Heinrichs sinngemäß. Für manche seien das deutsche Bildungssystem beziehungsweise deutsche Abschlüsse wie das Abitur nach wie vor so etwas wie ein international anerkannter Goldstandard, bei anderen Familien sehe man auch praktische Erwägungen wie etwa der spätere Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt.
Auch Schulleiter Jochen Flohn findet die Gebühren gerechtfertigt. Der Zulauf sei in den letzten Jahren so stark, dass man guten Gewissens sagen könne, dass die iDSB eine Schule sei, wo man das, was man bezahle, auch wirklich zurückbekomme. Durch das große Angebot könne man auch inhaltlich durchaus mit anderen Privatschulen konkurrieren.
Boris Schmidt
Hohe Schulgebühren sind keine Garantie für eine gute Ausbildung, wohl aber sorgen sie dafür, dass ein bestimmter Personkreis unter sich bleibt. Eigentlich passt das nicht mehr in die heutige Zeit. Das Gleichheitsprinzip wird in Frage gestellt.
Ich gebe dir Recht, Marcel. Ich habe die DSB von 1970 bis zum Abi 1982 besucht. Meine Eltern waren keine reichen Ex-pats, die Kosten für Schule und Schulbus wurden lang im Elternrat debattiert und dann vom “Sozialfond” getragen (Es wurde dafür gesorgt dass wir das bloss nicht vergessen !) Meine Eltern hatten gedacht, dass wir nach ein paar Jahren zurück nach Deutschland gehen würden (bin immer noch hier 😊), daher DSB. Nein, die Kosten sind (und waren) keine Garantie für Bildungsniveau. Und ja, dadurch bleibt es ein elitärer Club. Zur Info: in meiner Klasse sassen eine Griechin und ein Inder. Nachdem wir zwei Jahre während des Religionsunterrichts vor der Tür sassen (laut Schwester Karolita damals landen wir alle in der Hölle) hat meine Mutter dafür gesorgt, dass an der DSB Ethikunterricht eingeführt wurde. Ich habe meinem Sohn die elitäre DSB erspart.
Ich kann meinen Vor-Kommentator*innen nur beipflichten. Die DSB war auch Anfang der 2000er ein elitärer Club, in dem reiche Eltern ihre Kinder abladen und ihnen ein mehr oder weniger guten Schulabschluss erkaufen konnten. Mal abgesehen davon, dass die Qualität des Lehrpersonals SEHR unterschiedlich war (von Videos gucken in Physik bis anspruchsvoll wirklich alles erlebt).