König Philippe hat am Dienstagnachmittag Olivier Vandecasteele empfangen. Der belgische Entwicklungshelfer war am vergangenen Freitag nach 455 Tagen in iranischer Haft den belgischen Behörden überstellt worden. Er wurde ausgetauscht gegen einen verurteilten iranischen Terroristen, der seit einigen Jahren in einem belgischen Gefängnis saß.
Olivier Vandecasteele selbst hat sich bislang noch nicht in den Medien geäußert. Die Aussagen seines besten Freundes und auch eines Fotografen geben aber doch schon ein paar Eindrücke über seinen Zustand und auch seine Zeit in iranischer Haft.
Mutter dabei
Olivier Vandecasteele war in Begleitung seiner Mutter zum Königspalast nach Laeken gekommen. König Phillipe hatte schon am vergangenen Freitag mit dem belgischen Entwicklungshelfer telefoniert, als der noch im Flugzeug unterwegs war von Oman nach Belgien. Und dabei hatten beide offenbar schon den Termin im Palast vereinbart.
Am Dienstagnachmittag wurden Fotos von dem Treffen veröffentlicht. Man sieht einen gelöst wirkenden Olivier Vandecasteele, der schon etwas erholter wirkt als am Freitag.
Er trägt das gleiche Outfit wie am Tag seiner Rückkehr: Blauer Anzug, keine Krawatte, weiße Sportschuhe.
Ungestört
Der Palast hatte die Saga um den im Iran inhaftierten Vandecasteele offenbar Schritt für Schritt verfolgt. Und es wurde dafür gesorgt, dass das Gespräch zwischen dem König und der Ex-Geisel in einem möglichst ungestörten Rahmen stattfinden kann. Heißt: Keine Presse. Nur ein einziger Fotograf durfte das Treffen für die Nachwelt festhalten.
Apropos Fotograf. Ein Kollege war am Freitag kurzfristig für eine Mission eingeteilt worden, die wohl der vorläufige Höhepunkt seines Berufslebens gewesen sein dürfte. Vlad Vanderkelen ist der hauptamtliche Fotograf des Außenministeriums. Noch am Freitagmorgen war er im Senegal, wo er Prinzessin Astrid auf einer Rundreise begleitete. Plötzlich werden er und ein paar andere Mitarbeiter des Außenministeriums wieder in ein Flugzeug gesetzt, das einige Stunden später im Sultanat Oman landet. Vanderkelen weiß noch nicht so recht, was da los ist, bis er Olivier Vandecasteele ankommen sieht. Klar habe ihn das tief bewegt. Aber dann habe er gleich wieder den professionellen Modus eingeschaltet. Es galt schließlich Fotos zu machen, sagte Vanderkelen in der RTBF.
Erstes Bild nach 15 Monaten
Und die Fotos, die Vlad Vanderkelen schießt, die gehen buchstäblich um die Welt. Vor allem das Bild, das Olivier Vandecasteele an Bord des Flugzeugs zeigt: Elegant gekleidet, aber mit sichtbar eingefallenen Backen. Der 42-Jährige sieht überraschend gut aus, wobei ihm zugleich die schwere Zeit in iranischer Haft ins Gesicht geschrieben steht.
Vandecasteele hat die Fotos quasi selbst autorisiert. Vlad Vanderkelen zeigte ihm die Bilder, von denen er sich dann diejenigen aussuchte, die ihm am besten gefielen. "Vandecasteele habe dabei angemerkt, dass es das erste Mal in 15 Monaten ist, dass er sich selber sieht", sagte der Fotograf in der RTBF. "Im Gefängnis habe es keinen Spiegel, kein gar nichts gegeben."
Rituale in Gefangenschaft
Vlad Vanderkelen zeigt Vandecasteele zudem Fotos, die er gerade erst im Senegal geschossen hat. Und damit ist er quasi der Erste, der Olivier Vandecasteele wieder so ein bisschen ins reale Leben zurückbringt. Denn im Gefängnis war er wirklich fernab von der Welt. "Olivier hat versucht, sein Leben in der Zelle zu strukturieren und sich irgendwie zu beschäftigen", sagte in der RTBF sein bester Freund Olivier Van Steirtegem, der in Belgien Himmel und Erde in Bewegung gesetzt hat, um auf dessen Schicksal aufmerksam zu machen. "Olivier habe quasi Rituale erfunden, die er dann täglich vollzog. Bis hin zu einem Lauftraining in einer viel zu kleinen Zellen, um in Form zu bleiben."
Aber natürlich sei Olivier von den Strapazen gezeichnet. Rein äußerlich sei er doch sichtbar abgemagert. Man sieht auch, dass er 15 Monate kein Sonnenlicht abbekommen hat. "Aber wir haben unseren alten Olivier doch irgendwie wieder zurück", sagt Van Steirtegem, nämlich einen extrem kämpferischen Menschen. Zugleich aber auch einen äußerst dankbaren. "Danke", das sei das erste Wort, das ihm über die Lippen gekommen sei, "Vielen Dank!"
Und eben dieses "Dankeschön" richtet sich an alle, wirklich alle, die einen Beitrag geleistet haben, sagt Olivier Van Steirtegem stellvertretend für seinen Freund. "Es gab z.B. diese Petition, die 300.000 Menschen unterzeichnet hatten. Es gab diese breite Mobilisierung. Das alles hat uns Auftrieb gegeben und es hat wohl mit dazu beigetragen, dass Belgien nicht lockergelassen hat."
Roger Pint