13 Fragen zu einem einzigen Thema, das dürfte in der Nähe des Rekords liegen. Eine regelrechte Litanei von Fragen an den Premierminister, alle über dessen "Pausenknopf-Plädoyer". De Croo hatte ja dafür plädiert, mit Blick auf die geplante EU-Verordnung über die Wiederherstellung der Natur erstmal eine Pause einzulegen. Die grünen und auch die sozialistischen Koalitionspartner machten daraufhin klar, dass De Croo nicht in ihrem Namen gesprochen habe. Und auch im Parlament sparten sie nicht mit Kritik.
"Ihre Aussagen sind unverständlich und aus unserer Sicht sogar unverantwortlich", wetterte etwa der Ecolo-Fraktionsvorsitzende Gilles Vanden Burre. "Warum plädieren Sie für eine Pause?", wandte sich auch der flämische Groen-Kollege Wouter De Vriendt an den Premier. "Was hat Sie da beseelt? Warum machen Sie die geplante EU-Verordnung über die Wiederherstellung der Natur dem Erdboden gleich? Warum in Gottes Namen sollten wir in der Umweltschutz- und Klimapolitik den Pausenknopf drücken?"
Doch auch die sozialistischen Fraktionen stellen sich die Frage, in wessen Namen der Regierungschef da wohl gesprochen hat. "Und, Herr Premier: Eigentlich sollten Sie doch an Lösungen arbeiten", wunderte sich Kris Verduyckt von den flämischen Sozialisten Vooruit. Und deswegen verstehe er auch dieses Pausenknopf-Plädoyer nicht. "Denn der Klimawandel und der Niedergang der Natur, die machen keine Pause."
"Ihr Vorstoß war absolut unverständlich", wandte sich auch die PS-Abgeordnete Mélissa Hanus an Alexander De Croo. "Diese Regierung hat eine klimapolitische Ambition. Und genau die haben Sie auch zu vertreten."
Da braucht man fast schon keine Opposition mehr ... Schlimmer noch: Die Vivaldi-Koalition hat sich eigentlich ihre eigene innere Zerrissenheit nochmal schriftlich gegeben. Denn Premier De Croo erntete auch Zustimmung aus den Reihen der Mehrheit. "Diese EU-Verordnung über die Wiederherstellung der Natur wird zu Armut und Wohlstandsverlust führen", so etwa die düstere Vision der CD&V-Parlamentarierin Leen Dierick.
Jasper Pillen, ein Parteifreund von Alexander De Croo, gab "seinem" Premier naturgemäß auf der ganzen Linie recht: Dogmatische, unrealistische Ziele auszugeben, das zerstört die Akzeptanz, das trifft die Bürger zusätzlich, das verjagt die Industrie. Das war ein ziemlich unverhohlener Angriff insbesondere auf die Grünen, wofür Pillen dann auch Applaus aus den Reihen von N-VA und Vlaams Belang bekam.
Noch mehr als sonst glich die Vivaldi-Koalition an diesem Nachmittag doch einem ungeordneten Haufen. Da musste die Opposition denn auch gar nicht mehr so viel sagen. "Sie sind der Herr über einen Hühnerstall", frotzelte etwa N-VA-Fraktionschef Peter De Roover. "Man knallt Ihnen alles an den Kopf; sogar, dass Sie das Koalitionsabkommen missachten."
Nachdem die 13 Abgeordneten der Reihe nach ihre Fragen gestellt hatten, richteten sich alle Augen auf Premierminister De Croo. Doch wer da auf klare Antworten oder vielleicht sogar eine Entschuldigung gehofft hatte, der wurde enttäuscht. De Croo hielt eine Sonntagsrede, wie sie im Buche steht. Kein Bezug auf die Ereignisse der letzten Tage. Nur ein entschlossenes Plädoyer für den Klimaschutz und für mehr Dialog, denn das war sein Fazit der Minidebatte: "Wir müssen miteinander reden, wir müssen uns die Sorgen der Gegenseite anhören und wir müssen kluge Lösungen finden. Wir schaffen das nicht, wenn jeder auf seinem jeweiligen Standpunkt verharrt". "Und noch etwas", sagte De Croo: "Wir schaffen das. Europa schafft das".
Ein entschlossenes Plädoyer für einen ausgewogenen Mittelweg, mehr gab es am Donnerstag also nicht vom Premier. Von den 13 Abgeordneten war freilich niemand so richtig zufrieden. Zumindest koalitions-intern war das aber noch nicht das Ende der Geschichte. Am Abend soll ja noch die Regierungsspitze über das Pausenknopf-Plädoyer beraten. Da könnte es dann doch nochmal laut werden.
Roger Pint