Knapp 230 Logistikbetriebe mussten in diesem Jahr schon Konkurs anmelden. Das sind 40 Prozent mehr als in der Zeit vor der Corona-Krise. Das geht aus Zahlen hervor, die die Zeitung De Tijd am Dienstag veröffentlicht. Wer "Firmenpleite" sagt, sagt auch Jobverlust. Im Transportsektor wurden demnach allein in den ersten vier Monaten des Jahres knapp 1.000 Arbeitsplätze vernichtet.
Da gibt es nur eine Schlussfolgerung: Die Logistikbranche steckt in der Krise. Bestätigung in der VRT von Professor Roel Gevaers, seines Zeichens Transportökonom an der Universität Antwerpen. Man mag es vielleicht auf den Straßen noch nicht sehen, da immer noch viele Lkw und Lieferwagen unterwegs sind. Aber die Branche steht seit einigen Monaten gehörig unter Druck. Grund dafür ist die sinkende Nachfrage.
Sinkende Nachfrage, dafür gibt es verschiedene Ursachen. Die erste geht tatsächlich noch auf die Corona-Krise zurück. "Damals haben viele Betriebe ihre Lager aufgefüllt, was auch viele Transportkapazitäten mobilisiert hat", sagt Professor Gevaers. Nur sind diese Lager inzwischen voll. Entsprechend sinkt der Bedarf.
Hohe Inflation
Parallel dazu gibt es das Problem mit der hohen Inflation. Die Verbraucher waren deswegen zuletzt nicht so kauffreudig. Das merkt man auch und vor allem im Bereich Online-Handel, der auch in Corona-Zeiten regelrecht explodiert war, sich aber inzwischen auch wieder merklich abgekühlt hat.
Das klingt alles wie ein sogenannter "perfekter Sturm", bei dem alle Bedingungen erfüllt sind, um größtmöglichen Schaden anzurichten. Genau so etwas erlebt gerade der Transportsektor: Mehrere Faktoren, die allesamt dazu führen, dass die Nachfrage sinkt.
Steigende Kosten für Unternehmen
Auf der anderen Seite steigen aber die Kosten für die Unternehmen. Erstmal sind da die nach wie vor hohen Kraftstoffpreise. Dann wurden noch die Gehälter mehrmals indexbedingt angepasst. Im Transportsektor gibt es ohnehin schon nicht die großen Gewinnmargen, sagt Roel Gevaers. Wenn dann auch noch die Gehälter der Mitarbeiter um mitunter bis zu zehn Prozent steigen, dann kann man sich an den fünf Fingern abzählen, dass das nicht ohne Folgen bleibt. Zumal die Transportbranche sehr personalintensiv ist und die Personalkosten wesentlich schwerer wiegen als in anderen Bereichen.
Es sind vor allem die kleinen Unternehmen, die dem Druck irgendwann nicht mehr standhalten können. Die Großen verfügen noch über eine Marktmacht, die es ihnen erlaubt, auch mal Nein zu sagen und die Preise einfach mal anzupassen, sagt Professor Gevaers. Die Kleinen haben diese Möglichkeit nicht so sehr und sind dann auch die ersten, die Konkurs anmelden müssen.
Aber früher oder später werden die Preise in der Branche steigen. Da gibt es kein Vertun: Das werden die Verbraucher am Ende dann auch spüren... Erstmal blickt der Sektor also nicht sonderlich optimistisch in die Zukunft. Das zweite Halbjahr ist ohnehin immer das schwächere. Die Nachfrage scheint im Moment auch nicht wirklich wachzuwerden.
Außerdem wird die Inflation erstmal noch auf einem vergleichsweise hohen Niveau bleiben, beklagt Transportökonom Roel Gevaers. "Und wenn man dann noch weiß, dass der Transportsektor ohnehin vor erheblichen Investitionen steht, um seine Flotte auf nachhaltige Antriebe umzurüsten, dann fehlt es in den nächsten Jahren sicher nicht an Herausforderungen."
Roger Pint