Erst in der vergangenen Woche hat Unicef, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, einen neuen Bericht über Impfungen bei Kindern veröffentlicht. Darin stand unter anderem, dass das Vertrauen der Menschen in Impfungen durch die Corona-Krise oft einen gehörigen Knacks bekommen hat, auch in Belgien.
Covid habe das Leben sehr vieler Menschen wirklich durcheinandergewirbelt, erinnert die Kinderinfektiologin Anne Tilmanne im Interview mit der RTBF. Und nicht nur das Leben, sondern auch das, was Menschen glaubten, über Impfungen und Impfstoffe zu wissen. Gerade die schnelle Entwicklungszeit der Corona-Vakzine habe viele überrascht und verunsichert. Hinzu kämen dann noch falsche Informationen, die im Umfeld zirkulierten, und insbesondere im Internet auch noch Falschnachrichten.
Impfbereitschaft konstant, aber Verunsicherung wächst
Das bedeute aber nicht, dass die Impfbereitschaft abnehme, also dass mehr Menschen Impfungen verweigerten. Vielmehr äußere sich die Verunsicherung in mehr Fragen, die die Menschen hätten, zum Beispiel an ihre Haus- oder Fachärzte, wenn mal wieder eine Impfung auf dem Kalender stehe. Und das sei vollkommen legitim und normal, gerade nach den oft kontroversen und polemischen Diskussionen, die man während der Pandemie gesehen habe. Deswegen sei die Europäische Impfwoche auch eine gute Gelegenheit, um die Debatte wieder auf eine solide wissenschaftliche Grundlage zu stellen, anstatt Meinungen das Feld zu überlassen. Dazu müsse man den Patienten genau zuhören, um ihre spezifischen Sorgen und Bedenken dann gezielt und eben vor allem wissenschaftlich untermauert entkräften zu können.
Misstrauen und Unsicherheit auch bei medizinischem Personal
Der Fokus der Impfwoche liegt aber nicht nur auf der Bevölkerung: Wie Covid gezeigt hat, gibt es auch bei Menschen, die im Gesundheitssektor arbeiten, Misstrauen und Unsicherheit, was Impfungen betrifft, also beispielsweise bei Krankenpflegerinnen und -pflegern, aber auch bei manchen Ärzten. Auch das sei letztlich nicht überraschend, so Tilmanne. Die Medizin entwickle sich immer weiter, werde immer komplizierter. Heutzutage könne eigentlich niemand mehr Experte für alles sein. Und gerade Impfstoffe seien ein besonders komplexes Thema. Die entsprechende Aus- und Weiterbildung von im Gesundheitssektor tätigen Menschen müsse also verstärkt werden. Der Infektiologin geht es hier auch ganz explizit nicht nur um das Studium, sondern auch um die Zeit danach, wenn die Menschen also schon arbeiten. Auch hier müssten Kenntnisse kontinuierlich gepflegt und ausgebaut werden.
Impfung vor Reisen in bestimmte Länder erforderlich
Ein weiterer Schwerpunkt der Europäischen Impfwoche ist dann aber auch das Reisen, schließlich steht die Urlaubssaison quasi vor der Tür. Je nachdem, wohin man reise, stünden verschiedene Impfungen an. Oft seien sich die Menschen dessen noch nicht einmal bewusst. Manche früher exotische Reiseziele seien ja heute schon so normal, dass manche gar nicht mehr auf die Idee kommen würden, ihren Hausarzt zu konsultieren. Aber auch wenn man beispielsweise "nur" nach Ägypten in die Sonne fliege, bleibe etwa eine Impfung gegen Hepatitis A empfohlen. Und wenn man dann diese Woche sowieso zum Arzt gehen sollte, um mal über die Urlaubsplanung beziehungsweise -vorbereitungen zu sprechen, könne man auch gleich noch etwas anderes tun – nämlich checken lassen, ob man wirklich noch gegen die Standardkrankheiten geschützt ist oder ob eine Auffrischung der Basisimpfungen notwendig ist.
Boris Schmidt