"Ich hatte Anstrengungen in Höhe von 1,8 Milliarden als Ziel ausgegeben. Und wir haben es geschafft", zog Premierminister Alexander De Croo in der VRT eine positive Bilanz der Haushaltskontrolle. Am Donnerstagnachmittag, kurz vor Beginn der Plenarsitzung der Kammer, hatte es nach einem 18-stündigen Verhandlungsmarathon endlich weißen Rauch gegeben. "So ein Energieaufwand, um am Ende 1,8 Milliarden zu finden?", mäkeln Kritiker. Nun, andererseits muss man sagen, dass so mancher es nicht für möglich gehalten hätte, dass sich die "Vivaldisten" überhaupt noch auf irgendetwas einigen können. Die Wahrheit liegt hier also irgendwie in der sprichwörtlichen Mitte.
"Vor allem haben wir hier ein wichtiges Zeichen gesetzt", sagte Premier De Croo am Freitagmorgen in der RTBF. "Wir wissen, dass sich die Außenwelt Fragen stellt angesichts der belgischen Haushaltssituation. Und da war es einfach wichtig zu signalisieren, dass diese Regierung die Dinge in die Hand nimmt und das Budget wieder in die Spur bringt." 1,8 Milliarden sind allerdings tatsächlich Peanuts im Vergleich zu dem, was eigentlich nötig wäre. Dadurch wird das Defizit gerade mal um 0,3 Prozentpunkte gedrückt. Doch beläuft sich der Fehlbetrag damit immer noch auf 4,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, in Euro ausgedrückt: 27 Milliarden.
"Aber es ist doch ein Anfang", sagt Premier De Croo, "ein wichtiger Schritt. Und klar werden wir die Situation weiter im Auge behalten müssen. Womöglich werden wir auch bis zum Ende der Legislaturperiode nochmal nachbessern müssen. Daneben planen wir aber auch noch einige Reformen, die im Großen und Ganzen auch spruchreif sind." Hervorzuheben sind da vor allem zwei große Vorhaben: eine Renten- und eine Steuerreform. De Croo hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Beide Projekte sollen bis zum Sommer unter Dach und Fach sein. Traditionell ist damit der Nationalfeiertag am 21. Juli gemeint.
Die Summe von 1,8 Milliarden Euro ergibt sich durch einen Mix aus Einsparungen und neuen Einnahmen. So wird die Mindeststeuer für multinationale Konzerne auf 15 Prozent angehoben, was auch der von der OECD empfohlene Satz sei, sagt De Croo. Daraus erhofft man sich Mehreinnahmen in Höhe von 300 Millionen. Ziel sei es, dass Konzerne, egal wo sie aktiv sind, immer mindestens 15 Prozent Steuern zahlen. Dies ist der weitgehend unstrittige Aspekt.
Bei den Einsparungen hat derweil wohl manch einer Kröten schlucken müssen. Der Hobel wird nämlich ausgerechnet bei den Pensionen angesetzt. "Wobei, wobei, wobei", beeilt sich der Premierminister klarzustellen: "Diese Regierung hat schon sehr viel für die Renten getan. Wir haben dafür gesorgt, dass die Mindestpension um 300 Euro auf inzwischen rund 1.600 Euro angestiegen ist. Im nächsten Januar sollten die Renten noch einmal angehoben werden. Und das wird auch passieren, nur etwas weniger als ursprünglich geplant." De Croo rechtfertigt die Entscheidung: "Wir müssen eben im Moment etwas vorsichtiger sein." Und er weist darauf hin, dass die Regierung bei ihrem Amtsantritt eine Anhebung der Mindestrenten auf 1.500 Euro als Ziel ausgegeben hatte. Dieses Versprechen sei in jedem Fall erfüllt.
Auch zu einem anderen Versprechen hat der Premier sich geäußert. Denn De Croo hatte sich ja auch noch in einem anderen Zusammenhang eine Frist gesetzt: Bis zum 31. März sollte das Abkommen mit Engie über die Laufzeitverlängerung der beiden jüngsten Atomreaktoren Doel 4 und Tihange 3 unter Dach und Fach sein. Nun, der 31. März ist an diesem Freitag. "Wir werden da etwas Verspätung haben", räumt De Croo ein. Wichtig sei aber, dass man sich gerade für solche Verhandlungen die Zeit nehme, die man brauche. In den nächsten Tagen, maximal Wochen müssten diese Gespräche aber zum Abschluss gebracht werden. Aus dem einfachen Grund, dass die vorbereitenden Arbeiten jetzt auch schnell beginnen müssen.
Roger Pint