Ein Lichtblick in einer sonst eher dunklen Wolke. So könnte man den jüngsten Bericht des sogenannten Monitoring-Komitees vielleicht zusammenfassen, also der Gruppe aus Spitzenbeamten, die die Budgets der verschiedenen Ebenen des Landes regelmäßig durchleuchtet. Denn selbst sechs Milliarden Euro weniger heißt, dass das Haushaltsdefizit noch immer 27,4 Milliarden Euro beträgt, also weiter im sehr, sehr roten Bereich ist.
Aber befassen wir uns dennoch zuerst mit der Frage, woher diese unerwartete Verbesserung eigentlich kommt. Da sind zunächst verschiedene externe Faktoren zu nennen. Die Energiepreise seien gesunken und die Inflation sei zurückgegangen, zählte Haushalts-Staatssekretärin Alexia Bertrand bei Radio Eén auf. Außerdem wirke sich auch die spätere Indexanpassung aus.
Aber naturgemäß werden positive Entwicklungen ja auch immer als eigene Erfolge verkauft. Dass die Regierung die richtigen politischen Entscheidungen getroffen habe, spiele auch eine Rolle, unterstrich die Staatssekretärin, ein Argument, das der Premierminister schon am Donnerstag in der Fragestunde der Kammer angeführt hatte. Die Maßnahmen, die die Regierung in dieser Krise beschlossen habe, hätten unter anderem der Wirtschaft dabei geholfen, dem Sturm besser standzuhalten. Das sehe man am Wachstum, das ebenfalls besser als erwartet ausgefallen sei. Außerdem sei es so gelungen, die Kaufkraft der Bürger zu schützen und zu erhalten.
Selbst in diesen schwierigen Zeiten habe es die Regierung außerdem geschafft, weitere Einsparungen durchzuführen. Sonst wären die Zahlen wohl anders ausgefallen, gibt sich Bertrand überzeugt.
Neben unerwarteten Verbesserungen sind in jüngster Zeit aber auch noch diverse Mehrkosten dazugekommen, beispielsweise durch die beschlossenen Maßnahmen zur besseren Bekämpfung der Drogenkriminalität. Oder auch, um den sogenannten "Migrations-Deal" zu finanzieren, der ja auch die Schaffung von mehr Unterbringungsplätzen beinhaltet. Diese und andere als "unvermeidlich" bezeichnete Mehrkosten muss die Föderalregierung in den kommenden Tagen in ihrer neuen Haushaltskontrolle ebenfalls berücksichtigen. Und diese Mehrkosten müssen dann auch irgendwie wieder kompensiert werden.
Ja, ein sechs Milliarden kleineres Defizit macht diese Verhandlungen zumindest ein bisschen leichter, ist aber kein Grund für übertriebenen Optimismus, wie die Staatssekretärin schon am Donnerstag betonte. Allen sei bewusst, dass die finanzielle Lage weiter schlecht bleibe, die unternommenen Anstrengungen reichten noch nicht aus. Klartext: Es gebe keinen Spielraum für neue Ausgaben - und damit auch nicht für neue politische Maßnahmen. Das Ziel könne nicht sein, dass die Staatsverschuldung wieder steige.
Aktuell beträgt die nämlich 4,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Was zwar ebenfalls weniger ist als zunächst befürchtet, aber dennoch deutlich über den Vorgaben der Europäischen Union liegt. Denn zur Erinnerung: Das sogenannte Stabilitätskriterium der Maastrichter Verträge sieht vor, dass das Defizit von EU-Mitgliedstaaten drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes nicht überschreiten darf.
Diese Regeln seien zwar infolge der Pandemie weiter außer Kraft gesetzt, führte Bertrand aus. Aber das werde sich auch wieder ändern, und dann werde die Europäische Kommission Belgien zur Ordnung rufen. Warnungen und Mahnungen, den Haushalt endlich zu sanieren, gebe es auch von anderen Institutionen: neben der Europäischen Kommission nämlich auch vom Internationalen Währungsfonds und von der Rating-Agentur Fitch.
Das bedeute, dass Belgien langfristige Reformen angehen müsse, um Ausgaben zu reduzieren beziehungsweise Mehreinnahmen zu schaffen. Und da sind wir dann wieder bei den heißen Reform-Eisen wie dem Renten- und Sozialsystem oder auch dem Arbeitsmarkt.
Boris Schmidt