Eigentlich war es eine Fragestunde wie jeden Donnerstag in der Kammer. Doch wirkliche Fragen hatten zumindest die Abgeordneten der Regierungsparteien nicht, als sie zum Thema Steuerreformpläne ans Mikrofon traten.
Vielmehr gestaltete sich der verbale Reigen der Abgeordneten zu einer Art Unterstützungskampagne für die Pläne von Finanzminister Vincent Van Peteghem. Den Anfang machte Joris Vandenbroucke von Vooruit. "Da liegt nun ein Vorschlag auf dem Tisch, der in die richtige Richtung geht. Man könnte sicher ehrgeiziger sein. Aber um es deutlich zu sagen: Vooruit ist bereit, auf Grundlage dieser Vorschläge Widerstände zu überwinden."
"Arbeiten muss sich lohnen"
Unterstützung auch aus dem Mund von Christian Leysen von den flämischen Liberalen der Open VLD. "Wer vorschlägt, dass sich Arbeiten mehr lohnen soll und zudem noch die Unternehmen in unserem Land fördert, der kann auf uns als Partner zählen."
Auch Van Peteghems CD&V-Parteifreund Wouter Beke betonte den Mehrwert der Arbeit, der durch die Steuerreformpläne gestärkt werden soll. "Arbeiten muss sich lohnen", unterstrich Beke. "Arbeiten muss sich mehr lohnen, als es heute der Fall ist. Und genau das ist es, was Minister Van Peteghem vorschlägt. Das ist gut für unseren Haushalt, das ist gut für die Finanzierung unserer Sozialsysteme, das ist gut für unser Wohlfahrtsmodell."
Grundsätzliche Zustimmung auch von den grünen Parteien. Die aber schon andeuteten, dass man an dem ein oder anderen Detail noch nachbessern müsse. "Der Text ist eine gute Basis für eine erste Phase. Der Text ist absolut nicht ungenießbar. Obwohl noch daran gearbeitet werden muss", fand Dieter Van Besien (Groen).
Gilles Vanden Burre für Ecolo forderte bereits noch mehr Erleichterungen für niedrige Einkommen. Ansonsten zeigte aber auch er sich zufrieden. Gerade die null Prozent Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse sei eine Forderung der Grünen gewesen, die sich jetzt in den Vorschlägen von Van Peterghem wiederfänden. "Die Richtung stimmt", bilanzierte Vanden Burre.
Auffallend war, dass von PS und MR kein Abgeordneter eine "Frage" zu stellen hatte. Das könnte darauf hindeuten, dass hier dann doch etwas im Argen liegt, man die Feierstunde für Van Peteghem aber nicht stören wollte.
Kritik der Opposition
Redner der Opposition sahen alles natürlich anders. Sowohl N-VA als auch Vlaams Belang und PTB kritisierten gleich mehrere Punkte. Vor allem aber, dass keine Erleichterungen für Rentner vorgesehen sind, und die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel wie Fleisch und Brot steigen sollen. Wo doch schon im vergangenen Jahr die Preise für genau diese Grundnahrungsmittel deutlich angezogen hätten.
Marco Van Hees von der PTB verdeutlichte seine Kritik am Beispiel Milch. "Milch ist das Produkt, bei dem der Preis am stärksten gestiegen ist, um 35 Prozent im vergangenen Jahr. Und nur wollen sie noch die Mehrwertsteuer auf Milch erhöhen, die jetzt schon unbezahlbar ist. Wie kann man eine solche Preiserhöhung fordern. Das ist unglaublich."
Für Premierminister Alexander De Croo sind die Vorschläge von Van Peteghem der Beweis dafür, dass seine Regierung allen Unkenrufen zum Trotz handlungsfähig ist. De Croo bedankte sich bei seinem Minister für dessen Arbeit und sagte zum Schluss seiner "Antworten":
"Wenn es von mir abhängt und auf Basis von allem, was ich bislang aus Regierungskreisen gehört habe, fangen wir schon am Freitag damit an, uns mit den Reformplänen zu befassen."
IWF fordert strukturelle Reformen
Während sich die Föderalregierung über die Pläne von Finanzminister Van Peteghem beugt, hat sich der Internationale Währungsfonds (IWF) mit dem belgischen Staatshaushalt befasst. In einem Bericht warnt der IWF davor, dass die Staatsschuld bis zum Jahr 2028 auf 120 Prozent des Bruttoinlandsproduktes steigen könnte.
Der Internationale Währungsfonds fordert den belgischen Föderalstaat und die Regionen zu strukturellen Reformen auf, um die Ausgaben zu begrenzen, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu verbessern und das Wirtschaftswachstum zu stimulieren.
Comeos warnt: Steuerreform wird zu steigenden Supermarktpreisen führen
Kay Wagner