Die Zahlen, die Justizminister Vincent Van Quickenborne bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Ostende verkündet hat, klingen mehr als beeindruckend: Um 90 Prozent sei die Zahl der in Belgien aufgegriffenen Transitmigranten in den letzten fünf Jahren gefallen: von etwa 13.000 im Jahr 2018 auf kaum noch 1.000 letztes Jahr.
Kein Zufall, hob der Minister hervor. Das sei das Ergebnis knallharter Arbeit von Polizei und Justiz, die das zu einer Priorität gemacht hätten und auf viele Einsätze und eine verstärkte internationale Zusammenarbeit setzen.
Sehr viel sei auch einer eigens dafür gegründeten Einheit der föderalen Gerichtspolizei in der Provinz Westflandern geschuldet, sagte Van Quickenborne der RTBF und der VRT. Diese Einheit trägt den Namen "TransIT", gesprochen wie "Transit", aber geschrieben "TransIT". IT steht für Informationstechnik, Informationen und ihre Beschaffung sind das Spezialgebiet dieser Einheit.
Das TransIT-Team kontrolliere systematisch alle Handys, die sowohl bei Migranten als auch Schleusern sichergestellt würden. Durch die so gewonnenen Informationen könnten die Schmugglernetzwerke identifiziert und die Schuldigen verurteilt werden. Das schrecke ab, ist Van Quickenborne überzeugt.
Und mit Verurteilungen sind wir beim nächsten Punkt, den der Minister für entscheidend hält. Die Zahl der Verurteilungen wegen Menschenschmuggel nähmen ständig zu in Westflandern – mit Strafen von bis zu 15 Jahren Gefängnis.
Grund, die Champagnerkorken knallen zu lassen, sehen die Behörden aber dennoch nicht. Man sei natürlich einerseits glücklich über die Zahlen, so Kurt Desoete von der föderalen Gerichtspolizei. Aber das bedeute sicher nicht, dass man damit von allen Problemen erlöst sei. Die Behörden seien da nicht naiv. Man dürfe nicht glauben, dass die Problematik verschwunden sei, dass es keine Ersatzwege gebe oder dass nicht andere nachrücken würden.
Dass die Zahl der Transitmigranten etwa in Zeebrugge gesunken sei, habe vielleicht auch damit zu tun, dass die Schleuser ihre Vorgehensweise angepasst hätten - weg vom Schmuggel per LKW hin zu noch mehr Überquerungen des Ärmelkanals in kleinen Booten. Diese kleinen Boote würden viel eher von Nordfrankreich aus aufbrechen oder doch zumindest von den Teilen der belgischen Küste, die näher an der französischen Grenze lägen – einfach, um die Überfahrt so kurz wie möglich zu halten. Eine spürbare Veränderung für den Rest der belgischen Küste, so Desoete.
Eine Verlagerung, die auch Frank Demeester von der Staatsanwaltschaft Westflandern sieht. Die Wahrscheinlichkeit, es von Nordfrankreich aus nach Großbritannien zu schaffen, sei im Augenblick viel größer als von den belgischen Seehäfen aus, deswegen gebe es dort aktuell einen Ansaugeffekt für Transitmigranten. Dennoch müsse man auch in Belgien weiter sehr wachsam bleiben, nicht nur in den großen Häfen, sondern auch in den Sporthäfen.
Justizminister Van Quickenborne plädiert derweil für eine noch bessere grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Frankreich und Großbritannien. Und dafür, das Problem bei der Wurzel zu packen. Man müsse dafür sorgen, dass weniger Transitmigranten überhaupt erst nach Europa kämen, bekräftigte der Justizminister, und Schleuser noch härter bestrafen.
Boris Schmidt