16.000 Belgier werden Anfang nächster Woche per Post eine ungewöhnliche Einladung erhalten: Sie werden eingeladen, an einem so genannten Bürgerpanel teilzunehmen. Als Bürgerpanel wird die Versammlung von Bürgern bezeichnet, die Politikern oder Einrichtungen dabei hilft, mit ihrem Rat Entscheidungen zu treffen.
Aus den Rückmeldungen auf die 16.000 Einladungen zur Teilnahme an dem Bürgerpanel sollen dann 60 Personen gezogen werden, die die belgische Bevölkerung möglichst repräsentativ darstellen. Sie bilden dann das Bürgerpanel. An drei Wochenenden zwischen Ende März und Mai sollen sie sich treffen, um darüber zu beraten, nach welchen Kriterien sich Parteien in Belgien künftig finanzieren und was die Parteien mit dem Geld anfangen dürfen.
Das wollte die Regierung eigentlich selbst regeln, kommt aber zurzeit nicht richtig damit voran. Dabei wären neue Regeln durchaus dringend nötig, sagte Dorian Feron, Sprecher des Kollektivs der Vereine und Verbände, die das Bürgerpanel organisieren, am Freitagvormittag in der RTBF.
"Einige Parteien", so Feron, "besitzen Gebäude und verdienen Geld durch Mieten. Frage: Soll eine politische Partei wirklich Mieten erhalten dürfen? Es gibt Parteien, die an der Börse investieren, weil sie Geld auf dem Konto haben und Geld ja arbeiten soll. Diese fehlende Transparenz und die fehlenden Regeln dazu, wie die Parteien ihr Geld verwenden dürfen - ich glaube, dass viele Menschen das problematisch finden."
Brücke schlagen
Die Initiative ist bei den politischen Parteien bekannt. Die Vorsitzenden der Parteien haben laut Feron zugesagt, am ersten Panel-Wochenende Ende März den 60 ausgelosten Bürgern ihre Sicht der Dinge darzulegen. Auch auf Grundlage dieser Sicht der Politiker sollen die Panel-Teilnehmer dann beraten, wie es künftig aussehen könnte mit der Parteienfinanzierung und dem Umgang mit dem Geld durch die Parteien.
Organisator Feron betont, dass das Ziel des Bürgerpanels nicht sei, sich an die Stelle der Politiker zu setzen. "Die Idee hier ist wirklich, eine Brücke zu schlagen zwischen den Bürgern und der Politik", sagt Feron, "ihnen zu helfen, wenn sie in einer Sackgasse stecken".
Es gebe zahlreiche Beispiele dafür, dass so etwas funktionieren kann. Feron berichtet von den Bürgerpanels in Irland, die gleich zweimal eine entscheidende Rolle bei wichtigen gesellschaftlichen Entscheidungen gespielt hatten. Als es in Irland um das Thema Abtreibung und die Ehe für Alle ging, sei die Situation im Parlament vollkommen blockiert gewesen. Bürgerpanels hätten durch ihre Arbeit einen Ausweg aus der verfahrenen Situation gezeigt, dem die Politik dann auch gefolgt sei.
Vertrauen stärken
So etwas Ähnliches erhoffen sich Feron und sein Mitstreiter auch von dem Bürgerpanel jetzt in Belgien. Verpflichtet, den Empfehlungen des Panels zu folgen, seien die Politiker natürlich nicht. Aber wenn die Arbeit des Panels von den Politikern ernst genommen werde, würde das einen Beitrag dazu leisten, das Vertrauen der Bürger in die Demokratie wieder zu stärken, was auch dringend nötig sei.
"Es besteht ein großes Misstrauen, ein Vertrauensverlust der Bürger in die Politik und die Demokratie", sagt Feron. "Man muss mit etwas Neuem kommen. Die Bestandsaufnahme heute ist negativ. Denn Jahr für Jahr nimmt die Zahl der Menschen ab, die noch an unsere demokratischen Einrichtungen glauben. Deshalb braucht es neue Elemente. Und das Bürgerpanel ist eins davon. Es ist nicht das einzige und auch nicht die Wunderlösung. Aber eine Möglichkeit, um wieder Vertrauen herzustellen."
Kay Wagner
Zitat aus dem Artikel :
"...Es besteht ein großes Misstrauen, ein Vertrauensverlust der Bürger in die Politik und die Demokratie"...
genau meine Feststellung.
Wird Zeit, dass sich was tut, sonst rufen immer mehr nach dem starken Mann.