Was online bestellt worden ist, muss auch irgendwie zu uns nach Hause kommen. Ohne die Paketzustellung geht also gar nichts. Allerdings ist das auch ein Bereich, aus dem man immer wieder haarsträubende Geschichten hört bezüglich der Arbeitsbedingungen.
Eine Verbesserung der Lage der Paketzusteller – so könnte man kurz und knapp das Ziel des Vorentwurfs zusammenfassen, auf den sich der föderale Ministerrat geeinigt hat.
Im Paketsektor würden Menschen ausgebeutet, unterstrich Föderalministerin Petra De Sutter auch gegenüber der VRT. Es gebe dort Menschen, die schwarz arbeiteten, Minderjährige, Menschen ohne gültige Aufenthaltserlaubnis – ja, selbst Menschen, die ohne Führerschein Päckchen ausfahren würden. Diese Missstände müssten abgestellt werden, bekräftigte die auch für Post zuständige Ministerin.
Bessere Arbeitsbedingungen und Transparenz
Geschehen soll das über eine Anpassung des Post-Gesetzes, die unter anderem Auflagen in puncto Löhne, Arbeitszeiten und Ruhepausen enthalten soll. Konkret heißt das: Paketboten sollen nur noch höchstens neun Stunden pro Tag arbeiten dürfen, bevor sie eine Pflichtpause einlegen müssen. Abweichungen bis zu zehn Stunden pro Tag sollen zwei Mal pro Woche erlaubt sein, aber nur wenn die Kuriere nicht mehr als 56 Stunden pro Woche beziehungsweise 90 Stunden in zwei Wochen arbeiten.
Außerdem soll es einen sektorüblichen, gesetzlich garantierten Mindestlohn geben – sowohl für Angestellte als auch für Selbstständige. Auf diese Weise wolle man gegen das Phänomen der unterbezahlten und übermüdeten Paketfahrer vorgehen, so De Sutter, insbesondere bei Subunternehmern.
Die Ministerin sieht nämlich genau bei den Subunternehmern das größte Problem, nicht nur im Paketbereich: Subunternehmer eines Betriebes, die wiederum Subunternehmer anstellten, die wiederum Subunternehmer anstellten und so weiter – auf diese Weise entzögen sich die Unternehmer Kontrollen, was wiederum zu Missständen führen könne.
Deswegen gehe es bei dem Gesetzes-Vorentwurf auch nicht nur um die Arbeitsbedingungen der Kuriere, sondern in erster Linie auch darum, dass die Post- und Paketbetriebe transparenter arbeiten und Rechenschaft über ihre Tätigkeiten ablegen müssten. Und vor allem auch Verantwortung für die von ihnen engagierten Subunternehmen übernehmen sollen.
"Ketten-Verantwortung"
Sprich: Für Missstände bei einem Subunternehmer könnten dann die Betriebe selbst zur Verantwortung gezogen werden. Und zwar nicht nur für den ersten, direkten Subunternehmer, sondern auch für alle weiteren Subunternehmer in der Kette. De Sutter spricht deswegen auch von einer "Ketten-Verantwortung".
Und wenn die Betriebe dieser Verantwortung nicht gerecht werden, dann könnte das teuer werden, wenn es nach den Vorstellungen der Föderalregierung geht. Die Geldbußen könnten sich nämlich auf bis zu fünf Prozent des Umsatzes belaufen. Eine potenziell stolze Summe also, wenn man sich die Millionen-Umsätze der Post- und Paketdienstleister vor Augen hält.
Kritik
Der Vorstoß sorgt bei den Betroffenen für wenig Begeisterung. Und zwar sowohl bei den Arbeitgebern, als auch bei den Gewerkschaften. Sie fürchten unter anderem die Konkurrenz aus dem Ausland.
Wenn belgische Unternehmen durch neue Auflagen gegängelt würden, dann sei das ein Wettbewerbsnachteil, klagen sie sinngemäß. Das stimme nicht, betont aber De Sutter. Alles, was im neuen Gesetz beziehungsweise in den zugehörigen Königlichen Erlässen festgelegt werde, werde für alle gelten, die in Belgien Pakete zustellten – unabhängig davon, wo sie herkämen. Das sei auch mit der Europäischen Kommission und auch juristisch schon abgeklärt worden.
Eine weitere Beschwerde ist, dass die Regulierung verwaltungstechnischen Mehraufwand für die Betriebe bedeute und dass es außerdem gar nicht möglich sei, ständig sämtliche Aktivitäten zu erfassen.
Der Mehraufwand werde natürlich so gering wie möglich gehalten, versicherte De Sutter aber. Außerdem sei es doch auch so, dass die Paketzusteller schon jetzt alle möglichen Apps benutzten für ihre Arbeit. Die Systeme zur Erfassung seien also vorhanden.
Man verlange lediglich, dass diese Systeme künftig eben auch für behördliche Kontrollen eingesetzt werden könnten. Die Behauptung, dass die Arbeit der Zusteller nicht erfassbar und damit kontrollierbar sei, stimme also nicht.
Boris Schmidt