Hat er? Oder hat er nicht? Marc Tarabella steht jedenfalls im Verdacht, Geld angenommen zu haben, um im Gegenzug ein Loblied auf das Golfemirat Katar zu singen. Und ja, es gab da im November eine Intervention des PS-Politikers im EU-Parlament, die diesen Verdacht auf den ersten Blick auch zu erhärten scheint. Nachdem er jahrelang beißende Kritik an Katar als Gastland der Fußball-WM geübt hatte, lobte Tarabella plötzlich die Fortschritte, die das Emirat im Bereich Arbeitsrecht gemacht habe. Das allerdings mag allenfalls ein Indiz sein, mehr aber auch nicht...
Doch hatte auch Pier Antonio Panzeri sehr früh den Namen Tarabella genannt. Dieser Panzeri gilt als die Schlüsselfigur im EU-Korruptionsskandal. Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand war er so etwas wie die Spinne im Netz. Und Panzeri hat den Ermittlern offenbar dieses Wissen angeboten: Er hat ja eine Kronzeugenregelung aushandeln können, nach dem Motto: "Ich erzähle Euch, was ich weiß, und dafür gewährt Ihr mir Strafmilderung".
Seither singt Panzeri offenbar wie ein Kanarienvogel. Und dabei hat er Marc Tarabella wohl erneut schwer belastet. Panzeri soll ausgesagt haben, dass er Tarabella "120.000 – 140.000 Euro" gegeben habe; für geleistete Dienste, also wohl dafür, dass Tarabella eben ein Loblied auf Katar gesungen hat. Und es war wohl diese Aussage, die letztlich dazu geführt hat, dass Tarabella fallengelassen wurde.
Erst hatte ihn die sozialistische Fraktion im EU-Parlament bis auf weiteres ausgeschlossen. "Bis auf weiteres", das heißt wohl: Bis Tarabellas Unschuld erwiesen ist. Jedenfalls: Nachdem sich die Fraktion so klar positioniert hatte, sei der PS auch nichts anderes übriggeblieben, sagt der PS-Vorsitzende Paul Magnette in der Zeitung De Standaard: Das sei eine Frage der Kohärenz. Also: Wenn die sozialistische Fraktion im EU-Parlament Tarabella ausschließt, dann wäre es nur logisch, dass die PS dem Beispiel folgt. Und genau das wurde dann auch entschieden.
Marc Tarabella selbst versteht anscheinend die Welt nicht mehr. Genau diese Botschaft lässt er jedenfalls über seinen Anwalt verbreiten. Zuallererst beteuere sein Mandat nach wie vor seine Unschuld, sagte Maxim Töller in der RTBF. Und keine neue Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft oder angebliche Enthüllungen werden daran irgendetwas ändern. "Die Antwort ist und bleibt nein", sagt Anwalt Töller: "Nein, Marc Tarabella hat sich nie kaufen lasse - in den 35 Jahren seiner politischen Laufbahn nicht und jetzt auch nicht.
Dass Tarabella durch einen Kronzeugen belastet werde, nun, darauf sollte man nichts geben, fügt der Anwalt hinzu. "Denn: Ein Kronzeuge hat doch letztlich fast schon ein Interesse daran, zu lügen", sagt Maxim Töller. "Er muss den Ermittlern Informationen liefern, um in den Genuss von Strafmilderung zu kommen. Die Aussagen eines Kronzeugen sind jedenfalls bestimmt nicht das Evangelium. Eher im Gegenteil: Man sollte sich vor solchen Leuten in Acht nehmen.
Im vorliegenden Fall sei es wohl einfach nur so, dass der Herr Panzeri unbedingt aus dem Gefängnis entlassen werden wolle, und dafür sei ihm offensichtlich jedes Mittel recht, sagt der Anwalt von Marc Tarabella. Das eigentlich Schlimme sei hier aber, dass für seinen Mandanten offensichtlich die Beweislastumkehr gelte: Er werde erst mal als Schuldiger betrachtet, bis eben das Gegenteil bewiesen wird. Von der Unschuldsvermutung keine Spur.
"Und, regelrecht unfassbar wird es dann, wenn man weiß, dass Tarabella nie angehört wurde", beklagt Maxim Töller. Seinem Mandanten falle gerade der Himmel auf den Kopf: Tarabella werde aus der Fraktion und aus der Partei geworfen. Dabei sei er nicht mal ein Beschuldigter in der Akte. Bevor man Leuten sogar schon Strafmilderung gewähren will, sollte man vielleicht einmal seinem Mandanten die Möglichkeit geben, sich zu alledem zu äußern. Denn, so fügt der Anwalt hinzu: Am Ende kann womöglich der bekennende Drahtzieher der ganzen Affäre schon das Gefängnis verlassen, bevor der Mann, den er beschuldigt, überhaupt mal auf die Vorwürfe reagieren konnte.
Der sozialistischen Fraktion im EU-Parlament und auch der PS waren die Enthüllungen der letzten Tage aber offensichtlich schon jetzt so peinlich, dass man es vorgezogen hat, Tarabella fallenzulassen.
Roger Pint
Hier sehen wir nur eine kleine Spitze des Eisbergs….
Für die Zukunft und Sicherheit unserer Demokratie : Jeder Politiker, der nur einen Hauch eines Verdachts , oder im Nebenbüro arbeitet und nichts bemerkt haben will … ?????? , muss - impératif - das „Feld“ (jetzt auch endlich in Belgien) sofort räumen! Bedauern allein oder ‚Unschuldsbeteuerungen‘ dürfen von nun an nie wieder irgendeinen Stuhl retten. Das muss jetzt „ allen“ europäischen Politiker klar sein !
Es darf und muss nur „ glasklare“ Politiker*innen geben!!!
Wer unschuldig sein sollte kann ja weiter in der Privatwirtschaft arbeiten.