Der Bericht trägt den Titel "Survival of the Richest", also "Überleben der Reichsten". Das aktuelle Jahrzehnt ist schon jetzt das beste, schreibt Oxfam darin – aber nur, wenn man zu den Superreichen zählt.
Die Entwicklung ihres Vermögens habe sogar ihre kühnsten Träume übertroffen, sagt beispielsweise die Direktorin von Oxfam Belgien, Eva Smets. Denn 63 Prozent des gesamten seit 2020 neu geschaffenen Wohlstands sind in die Taschen des reichsten einen Prozents der Weltbevölkerung geflossen – also fast zwei Drittel. Dabei war das Jahrzehnt davor für die Superreichen schon eine Ausnahme-Dekade, schließlich hatte sich damals sowohl ihre Zahl als auch ihr Vermögen verdoppelt.
Reichtum konzentriert sich immer extremer - auch in Belgien
Die Konzentrierung des Reichtums nehme immer extremer zu, bestätigte auch Julien Desiderio gegenüber der RTBF, er ist Experte für Steuergerechtigkeit bei Oxfam. Die Ungleichverteilung des Wohlstands ist auch nicht nur ein Problem, das andere Länder betrifft. So besitze ein Prozent der Belgier ein Viertel des Reichtums. Anders gesagt: ein Prozent besitzt mehr als die ärmsten 70 Prozent der Bevölkerung zusammengenommen. Das sind Schätzungen, denn es gibt in Belgien kein Vermögenskataster. Nach eben diesen Schätzungen besitzen etwa zehn Prozent der Belgier auch 80 Prozent aller Aktienanteile.
Zum ersten Mal seit 25 Jahren hätten sowohl extremer Reichtum als auch extreme Armut gleichzeitig zugenommen. Das wird auch in Belgien immer sichtbarer: Mittlerweile ist jeder Fünfte hierzulande von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht.
Übergewinne der "vergessenen" Krisengewinner bleiben unangetastet
Seit 2020 reihe sich eine Krise an die andere, so Desiderio. Aber die Zahlen belegten, dass diese Krisen eben nicht alle gleich stark träfen. Einige Bereiche hätten während dieser Zeit besonders profitiert, namentlich Firmen aus dem Nahrungsmittel- und Energiesektor. Aber auch die sogenannten neuen Technologien und die Luxusgüter-Branche zählten dazu. Und während die Übergewinne von Energiekonzernen mittlerweile teilweise besteuert würden, hätte man die anderen Sektoren "vergessen".
Die Gesellschaft bezahle über die gestiegenen Lebenshaltungskosten die Übergewinne. Weil die nicht besteuert würden, flössen sie aber nicht in die Gesellschaft zurück, sondern würden als Dividenden an die Anteilseigner ausgeschüttet.
Forderung: Reiche sollen sich stärker an Krisenfinanzierung beteiligen
Gleichzeitig sei es der Staat, der in Krisenzeiten immer stärker in die Bresche springen müsse – sei es nun bei der Covid-, der Kaufkraft- oder auch der Klimakrise. Dieses Geld müsse aber ja auch irgendwo herkommen. Und zwar aus den Taschen der besonders Reichen, fordert die kapitalismuskritische Oxfam. Diejenigen mit den breitesten Schultern müssten heutzutage mehr beitragen, betonte Julien Desiderio. Die Unterstützungsmaßnahmen bei Krisen, die Klimatransition, die staatlichen Leistungen – all das müsse finanziert werden.
In Belgien sei die Besteuerung besonders ungerecht: Arbeit werde sehr stark belastet, Kapital und Kapitalerträge hingegen kaum. Was insbesondere den Reichsten im Land zugutekomme.
Auch der IWF und einige extrem Reiche fordern gerechtere Besteuerung
Es sei übrigens nicht nur Oxfam, die so eine Vermögenssteuer auch für Belgien fordere. Selbst beispielsweise der Internationale Währungsfonds oder sogar einige der in Davos anwesenden Millionäre und Milliardäre sagten mittlerweile, dass die Besteuerung gerechter werden müsse. Und sie sind damit nicht allein: 74 Prozent der Belgier befürworteten eine Besteuerung von Vermögen, so der Oxfam-Experte.
So eine Besteuerung könnte natürlich viele verschiedene Formen annehmen. Oxfam nennt in ihrem Bericht beispielsweise eine progressive Besteuerung. Das könne dem Staat laut Simulationen mindestens 20,3 Milliarden Euro einbringen. Fast zwei Mal so viel wie das vom Belgischen Unternehmerverband vorhergesagte Defizit der Sozialen Sicherheit für 2024.
Boris Schmidt
Diese immer gleiche einseitige Darstellung ist nicht sehr hilfreich zur Problembewältigung und schürt nur weiter den Neid.
1. Es stimmt , die Aktien stiegen und deren Besitzer sind « auf dem Papier » - genauso wie der Immobilienbesitzer - reicher geworden . ABER solange man seinen Besitz nicht verkauft schöpft man von « diesen neuen Reichtum » nichts ab.
2. In Belgien muss man Gewinne versteuern aber Verluste dürfen nicht berücksichtigt werden.
3. Die permanenten Doppelbesteuerungen (die Medien erwähnen sie nie - warum eigentlich??) fúhren zu einer realen Besteuerung der Dividenden von über 50%!
Allerdings stimmt es , dass es ein Absurdum war, dass die Energiekonzerne ihre Preise um 200 und mehr % erhöhen durften obwohl die real-wirtschaftlich nicht bedrängt waren.
Das Thema Wirtschaft und Steuergerechtigkeit ist komplizierter als man denkt. Populismus - auf beiden Seiten- ist daher , wie gesagt , contra- produktiv!