Es gibt viele Gründe, warum Bewerbungen sofort im Papierkorb landen. Nicht jeder Bewerber erfüllt die in der Stellenausschreibung verlangten Kriterien. Aber um diese Fälle geht es hier nicht. Unternehmen diskriminieren Bewerber nach wie vor aus den unterschiedlichsten Gründen. Daran hat sich in den zurückliegenden 15 Jahren so gut wie nichts verändert, trotz Kampagnen, Aufklärungsarbeit und politischer Bemühungen und trotz des allseits beklagten Fachkräftemangels. Zu diesem Schluss kommt ein Forscherteam der Universität Gent.
Die Wissenschaftler haben sich alle verfügbaren Feldstudien aus Europa und den USA aus den Jahren 2005 bis 2020 vorgeknöpft. Für diese Feldstudien wurden insgesamt 900.000 fiktive Bewerbungen auf Stellenangebote verschickt. Verschiedene Bewerbungen für ein und dieselbe Stelle waren inhaltlich gleich, bis auf ein Merkmal - zum Beispiel Herkunft, Geschlecht, eine Behinderung oder das Alter. Untersucht wurde dann, wie häufig dieses Merkmal zum Ausschlusskriterium wurde.
Keine andere Gruppe hat so schlechte Chancen bei der Stellenvergabe wie die Ü-50-Jährigen. Der Grund dafür liegt für Louis Lippens, Mitautor der Studie der Uni Gent, auf der Hand. Ältere Arbeitnehmer werden in Europa als zu teuer wahrgenommen. Ergebnis: Ihre Chancen auf ein Vorstellungsgespräch sind um 48 Prozent geringer im Vergleich zu einem jüngeren Mitbewerber.
Lippens sieht die Altersdiskriminierung als die häufigste Form der Diskriminierung an, die aber im öffentlichen Bewusstsein am wenigsten vorkommt. In den USA stehen die Chancen für Ü-50er etwas besser, wofür Lippens zwei Gründe nennt: Zum einen ist es in den USA viel mehr akzeptiert, auch im Alter zu arbeiten und in den USA sind ältere Arbeitnehmer nicht automatisch teurer.
Weitere Diskriminierungen
Der zweithäufigste Diskriminierungsgrund ist die Herkunft. Insgesamt haben Bewerber mit ausländischen Wurzeln 29 Prozent geringere Chancen auf eine positive Reaktion. Für Kandidaten aus der arabischen Welt stehen die Chancen auf dem europäischen Arbeitsmarkt noch einmal schlechter, erklärt Louis Lippens. Um 41 Prozent sinken die Chancen, wenn der Bewerber aus dem Maghreb stammt - ein deutlicher Kontrast zu osteuropäischen Arbeitskräften wie zum Beispiel die ukrainischen Flüchtlinge.
Weitere Gründe für Diskriminierung sind körperliche Behinderungen, wobei die aus Sicht von Lippens einen Sonderfall darstellen. So sei aus den Feldstudien nicht eindeutig abzuleiten, ob die Bewerber tatsächlich aufgrund von Vorurteilen nicht berücksichtigt werden oder weil das Unternehmen davon ausgeht, dass der Betreffende die Arbeit wegen seiner Behinderung nicht ausführen kann.
Schwierig ist auch die Frage zu beantworten, ob Frauen tatsächlich noch immer diskriminiert werden. Manche Studien würden das zwar nahelegen, in anderen ist dagegen sogar von einer Diskriminierung männlicher Bewerber die Rede. Auch wer sich als schwul, lesbisch oder transgender zu erkennen gibt, muss in vielen Ländern nach wie vor damit rechnen, bei der Jobvergabe nicht berücksichtigt zu werden. Die erfreuliche Nachricht: Dies sei in Belgien aber nicht der Fall, so Lippens. Das würden die Feldstudien eindeutig belegen.
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Zitat aus dem Artikel :
"...Für Kandidaten aus der arabischen Welt stehen die Chancen auf dem europäischen Arbeitsmarkt noch einmal schlechter, erklärt Louis Lippens. Um 41 Prozent sinken die Chancen, wenn der Bewerber aus dem Maghreb stammt – ein deutlicher Kontrast zu osteuropäischen Arbeitskräften wie zum Beispiel die ukrainischen Flüchtlinge..."
Beruht auf Erfahrungen...