Viel Kritik hat die Föderalregierung einstecken müssen, weil sie eben auf diese europäische Lösung warten wollte. Lange wurde so eine Lösung von einigen EU-Mitgliedsländern blockiert. Allen voran von Deutschland. Dann am späten Montagnachmittag der Durchbruch.
Grundsätzlich sieht der EU-Gaspreisdeckel um einiges realistischer aus als das, was die EU-Kommission noch im November vorgeschlagen hatte. Im Klartext: Wenn der Gaspreis auf 180 Euro oder mehr pro Megawattstunde steigt und das drei Tage hintereinander so bleibt, dann kann der Gaspreisdeckel in Kraft treten. Allerdings muss dafür eine zweite Voraussetzung erfüllt sein. Der Preis für Gas muss nämlich 35 Euro höher liegen als der Weltmarktpreis für Flüssiggas, das sogenannt LNG.
Nehmen wir mal an der Gaspreis liegt drei Tage hintereinander bei 200 Euro und der Weltmarktpreis für Flüssiggas liegt bei 150 Euro. Das bedeutet: Die Gaspreisbremse tritt in Kraft und der Gaspreis wird quasi künstlich auf 185 Euro gedrückt: 35 Euro mehr als der Preis für Flüssiggas.
Wenn bei dem gleichen Preis von 200 Euro für Gas der Weltmarktpreis für Flüssiggas dagegen zum Beispiel bei 190 Euro liegen sollte, passiert nichts. Denn Gas wäre in diesem Fall nur zehn Euro teurer als weltweit das Flüssiggas.
Diese Koppelung der Gaspreisbremse an den Weltmarktpreis für Flüssiggas kann man als ein Entgegenkommen an Länder wie zum Beispiel Deutschland oder die Niederlande sehen, die sich bis zum Schluss deutlich gegen einen europäischen Gaspreisdeckel gewehrt haben.
Die Gegner haben nämlich die Befürchtung, dass Europa eines Tages vielleicht ohne Gas dastehen würde, weil es eben einen Preisdeckel gibt. Wenn andere Länder – und da denkt man natürlich sofort an China mit seiner energieintensiven Industrie – bereit sind, auch die hohen Preise für Gas zu zahlen, die Europa wegen des Deckels nicht zahlen würde, dann würde eben kein Gas mehr nach Europa geliefert.
Durch die Koppelung des Gaspreisdeckels an einen Weltmarktpreis soll nun verhindert werden, dass der Deckel zu früh greift und sich Gaslieferanten wegen zu niedriger Preise von Europa abwenden.
Der Deckel soll also ab 180 Euro pro Megawattstunde greifen. Eine solche Situation hat es in den vergangenen Monaten auch mal gegeben: Laut der Zeitung De Tijd gibt die EU-Kommission an, dass die Voraussetzungen für diesen Gaspreisdeckel im August und September während 58 Tagen erfüllt worden wären. Also fast zwei Monate lang. Damals waren die Preise enorm gestiegen.
Daran erkennt man schon, dass das jetzt ein deutlich besserer Preisdeckel ist als derjenige, den die EU-Kommission im November vorgeschlagen hatte. Der hätte bei 275 Euro gelegen - verbunden mit verschiedenen Bedingungen - und wäre bislang nie in Kraft getreten.
Konkret spüren werden Verbraucher diesen neuen Gaspreisdeckel wahrscheinlich kaum. In den vergangenen Tagen lag der Gaspreis in Europa so um die 130 Euro pro Megawattstunde, schreibt am Dienstag die Zeitung Le Soir. Anfang des Jahres waren es rund 100 Euro pro Megawattstunde. Daran sieht man, dass dieser Preisdeckel wirklich nur in extremen Situationen greifen würde, wenn die Preise tatsächlich irrational hoch liegen würden.
Beobachter werten den Beschluss von Montag eher als ein Signal an die Märkte, als eine Art Abschreckung, um zu zeigen: Die EU lässt nicht alles mit sich machen - und hat jetzt ein Instrument, um sich gegen irrwitzig hohe Gaspreise zu wehren.
Gelten soll der Gaspreisdeckel ab Mitte Februar, aber ganz sicher ist das noch nicht. Die Beschlüsse von Montag sollen noch von der EU-Kommission zusammen mit Experten aus der Finanz- und Energiewelt geprüft werden. Da soll geschaut werden, welche Folgen dieser Gaspreisdeckel an den Märkten eventuell haben könnte. Das soll in der zweiten Januarhälfte gemacht werden. Eine weitere Einschätzung soll dann noch Ende Februar stattfinden.
Kay Wagner