Die Kaufkraft der Menschen – das ist zusammengefasst das, wofür die Gemeinschaftsfront der Gewerkschaften nach eigenen Angaben kämpft. Denn die Kaufkraft, und das bestreitet wohl niemand, ist durch die diversen Krisen für fast alle spürbar unter Druck geraten.
Wie sich die Gewerkschaften eine Stärkung der Kaufkraft vorstellen, das schlüsseln sie beispielsweise auch auf ihren Flugblättern für die nationale Kundgebung auf: Höhere Bruttogehälter, Erhalt der automatischen Indexanpassung der Löhne, ein Einfrieren der Energiepreise, eine Steuerreform, die Kapital und Betriebe stärker und Arbeit weniger belastet, eine frauenfreundlichere Rentenreform, Erhalt der Zeitkredite und schließlich noch: nicht mehr Flexi-Jobs.
Neu sind die Forderungen also nicht, wie auch Marie-Hélène Ska, die Generalsekretärin der christlichen Gewerkschaft CSC, am Freitagmorgen bei der RTBF zugab. Aber die Forderungen seien deshalb nicht neu, weil sie noch immer nicht erfüllt worden seien. Man sei bei Arbeitgebern und Regierung in all den Monaten vor allem auf eines gestoßen: auf hartnäckig taube Ohren. Nichts habe sich verändert, deswegen gehe man eben wieder auf die Straße.
Die Rechnungen seien noch immer genauso schwierig zu bezahlen, so Ska insbesondere mit Blick auf die Energiekosten. Jetzt, wo es so friere, sei Heizen auch endgültig kein überflüssiger Luxus mehr, sondern eine Notwendigkeit.
Für die Gewerkschaften könne die Lösung für die Energiepreis-Krise nicht lauten, dass die Menschen eben mehr Decken nehmen sollten, jedes Mal wenn es kälter werde. Es müssten also Mittel und Wege gefunden werden, um die Preise für Strom und Gas zu deckeln. Idealerweise natürlich auf europäischer Ebene.
Aber wenn sich die Europäische Union nicht zu entsprechenden Maßnahmen durchringen könne, dann müsse Belgien eben eigene, nationale Lösungen finden. Die Gewerkschaften seien auch überzeugt, dass das möglich sei. Schließlich machten die Energieproduzenten ja immer noch enorme Gewinne, so Ska. Aber nicht nur das, sie profitierten auch noch von Unterstützungsmaßnahmen der Regierung.
Die Gewerkschaftsaktionen würden so lange weitergehen, bis Lösungen für die hohen Energiepreise gefunden seien. Neben den Rechnungen sind da aber noch die Gehälter. Und hier wiederholte die CSC-Generalsekretärin, was die Gewerkschaften schon so oft beklagt haben, nämlich dass es keinen Spielraum für Lohnerhöhungen gebe, Stichwort Lohnnormgesetz. Noch nicht mal in Sektoren, in denen es einen Arbeitskräftemangel und starke Spannungen auf dem Arbeitsmarkt gebe. So viel also zum liberalen Prinzip von Angebot und Nachfrage, stichelte Ska.
Das generelle Problem der schwindenden Kaufkraft werde auch nicht durch einmalige Prämien gelöst, wie sie Betriebe, die Gewinn gemacht haben, zahlen können. Im besten Fall werde diese Prämie erst im Mai oder Juni 2023 ausgezahlt werden. Außerdem werde nur eine sehr kleine Personengruppe in den Genuss dieser Prämie kommen. Und zu guter Letzt gehe es hier noch nicht mal um die einkommensschwächsten Menschen.
Bei den Arbeitgebern löst die nationale Kundgebung vorhersehbare Reaktionen aus: Absolut unverantwortlich sei das, reagierte der belgische Unternehmerverband FEB. Diese Demonstration werde nicht zur wirtschaftlichen Erholung des Landes beitragen. Im Gegenteil, durch ihre Aktionen verschlechterten die Gewerkschaften die wirtschaftliche Lage noch, denn Belgien habe doch gerade ohnehin schon mit einer galoppierenden Inflation, einer negativen Handelsbilanz und einer beginnenden Rezession zu kämpfen.
Es sei nicht nachvollziehbar, wie man auch noch demonstrieren wolle angesichts des hohen belgischen Lohnhandicaps und der enorm gestiegenen Kosten durch die Indexanpassungen und die Energiekrise, so der Unternehmerverband. Die Fronten scheinen also so verhärtet wie eh und je.
Boris Schmidt
Wir haben ja schon an den Index gebundene Löhne. Darin ist Belgien fast einmalig.
In Krisenzeiten ist das ein Vorteil für den Einzelnen im Vergleich zum Ausland.
Dafür braucht man nicht zu protestieren.
Wenn man mal über den Tellerrand schaut, dann kann man feststellen, dass es uns in Belgien relativ gut geht.
Durch irrationale Forderungen wird es jedenfalls nicht besser. Oder gibt es irgend eine Region die von Sozialisten regiert ist, wo alles besser ist?
"Über den Tellerrand schaut" hmm, ich denk' da schneiden wir ziemlich schlecht ab, siehe die Energiepreise im benachbarten Ausland, sei es Strom, Gas oder Heizöl dann tun wir noch die steuerliche Belastung hierzulande hinzu und schon ist EIN Grund zum Protestieren da. Alle Medien berichten das beispielsweise an der Grenze zu Frankreich die Belgier massenhaft ihre Einkäufe in den dortigen Supermärkten erledigen & hier fahren jede Menge nach Aachen oder Imgenbroich bzw ins Ländchen wenn's etwas billiger sein soll... Die Löhne in den umliegenden Ländern sind grösstenteils mit den unsrigen gleichzusetzen, ausser im Ländchen, da verdient man bedeutend mehr.
@ Andre Schmidt;
Nur so, nebenbei, zur Info;
Zum Begriff " Indexanpassungen "...
Anpassung Mietindex===plus 625€/Jahr.
Anpassung Index Rente===plus 145€/Jahr.(Netto)
Hinzu kommen alle andere "Erhöhungen" und "Anpassungen"...
MfG.