Virologe Steven Van Gucht redete nicht lange um den heißen Brei herum. Bei der Pressekonferenz zu allem rund um Corona habe er die Aufgabe, über den Stand der Infektionslage zu berichten, sagte Van Gucht. Und heute sei das eine "angenehme Aufgabe. Denn ich habe heute fast nur gute Neuigkeiten zu berichten. Das tut gut, nach all den Wochen und Monaten mit schlechten Neuigkeiten."
Fast alle Corona-Werte gehen nämlich nach unten in Belgien. Minus zwölf Prozent bei den täglichen Neuinfektionen. Minus 23 Prozent bei den Einlieferungen ins Krankenhaus. Minus 20 Prozent bei den Krankenhausbetten, die mit Corona-Patienten belegt sind. Nur bei den Menschen, die täglich an Corona sterben, ist ein prozentuales Plus von knapp 25 Prozent zu verzeichnen. Aber die fünf Menschen, die in Van Guchts Statistik der Krankheit im Tagesdurchschnitt erlegen sind, bedeuten ebenfalls ein sehr geringes Niveau im Vergleich zur Vergangenheit.
"Aktuell haben wir eine ganz entspannte Situation", betonte Van Gucht. "Und das gilt sowohl für das Coronavirus als auch für andere Viren." Denn auch in Bezug auf diese anderen Viren bewegt sich Belgien gerade in einem als "normal" zu bezeichnenden Bereich. Van Gucht verdeutlichte das mit Statistiken und Kurven. Auch die Zunahme anderer Atemwegserkrankungen, wie sie zum Beispiel in den USA festgestellt wird, sei in Belgien nicht zu beobachten.
Die vorherrschenden Varianten des Coronavirus seien weiterhin Subvarianten der Omikron-Variante. BA5 würde dabei immer noch die Hälfte alle Infektionen ausmachen, sinke aber drastisch. Die neuen Varianten BQ.1, BQ.1.1 und XBB würden mittlerweile die andere Hälfte in Belgien ausmachen, führten aber ähnlich wie BA5 selten zu schweren Krankheitsverläufen. "Das zeigt, dass unsere Immunität mittlerweile so stark geworden ist, dass wir die neuen Varianten besser verkraften können, ohne dass das in der Regel zu schwerwiegenden Krankheitsverläufen führt", interpretiert das Van Gucht.
Impfkampagnen tragen laut der Virologen entscheidend zu dieser Immunität bei. Und auch von der aktuellen Impfkampagne gab es positive Meldungen. Mittlerweile hätten rund 3,75 Millionen Bürger eine zweite Booster-Impfung erhalten, sagte Virologe Pierre Van Damme. Der zweite Booster wird in Belgien besonders Menschen ab 50 Jahren empfohlen.
Europäische Spitzenwerte erreicht Belgien beim zweiten Booster vor allem in der Altersgruppe der 65- bis 84-Jährigen. Von denen haben mittlerweile 71 Prozent den zweiten Booster erhalten. Nur Dänemark und Schweden hätten eine bessere Quote, sagte Van Damme.
Vieles läuft also gut im Kampf gegen Covid. Völlige Entwarnung sei aber nicht zu geben. Die bekannten Schutzmaßnahmen seien weiter dringend zu beachten. Zum Beispiel die Quarantäne von sieben Tagen bei Corona-Erkrankung, die Maske für Pflegepersonal und allgemein in Krankenhäusern, Apotheken und bei Ärzten. Masken in Bus und Bahn würden das Risiko senken, das noch zirkulierende Virus zu verbreiten.
"Außerdem ist es natürlich nicht ausgeschlossen, dass wir diesen Winter noch mit einer neuen Variante des Virus konfrontiert werden, die wieder aggressiver ist", warnte Van Gucht. "Dann könnte sich die Situation plötzlich wieder sehr verändern. Aber zurzeit beobachten wir doch eine sehr günstige Entwicklung."
Kay Wagner