Der wallonische Stromnetzbetreiber Ores hat den Gemeinden, die seinem Netz angeschlossen sind, vorgeschlagen, nachts die Straßenbeleuchtung abzuschalten - zwischen Mitternacht und 5 Uhr früh. Geplante Dauer: vom 1. November bis zum 31. März, also fünf Monate. Als "Reaktion auf die aktuelle Energie-, Wirtschafts- und Umweltkrise", heißt es von Ores. Ziel sei die Teilnahme an der gemeinsamen Anstrengung zur Senkung des Energieverbrauchs, außerdem eine Verringerung der Auswirkungen der Energiekosten auf die Gemeindebudgets.
Die Gemeinden werden nicht komplett in Finsternis versinken. National- und Regionalstraßen sind ohnehin ausgenommen. Aber auch beispielsweise für unfallträchtige Gemeindestraßen oder belebte Zentren sind Sonderregelungen möglich, ebenso wie etwa für Fest- und Feiertage. Von den 197 angeschlossenen Gemeinden haben sich laut Ores 164 bereiterklärt, mitzumachen. Darunter auch die Gemeinde Bütgenbach. Weitere seien prinzipiell interessiert, müssten aber noch formell entscheiden.
Ores gibt an, dass die Beleuchtungsdauer in den kommenden vier bis fünf Monaten insgesamt um bis zu 37 Prozent reduziert werden könne, was 23.300 Megawattstunden weniger Verbrauch bedeute. Geschätzte Gesamteinsparungen: zwölf Millionen Euro.
Seine Gemeinde habe bei der kollektiven Anstrengung mitmachen wollen, sagte der Bürgermeister von Fontaine-l'Évêque (Hennegau) der RTBF. Aber er gebe zu, dass der Budgetaspekt eine Rolle gespielt habe. Denn die Maßnahme werde doch spürbare Einsparungen erlauben.
Der Bürgermeister von Ath (Hennegau) wird konkreter: Seine Gemeinde habe durch die Umstellung auf LED-Lampen und andere Energiesparmaßnahmen ihren Verbrauch bereits um 40 Prozent reduziert. Dennoch drohe eine Verdoppelung bis Verdreifachung der Stromrechnung, also Mehrkosten allein für öffentliche Beleuchtung von 400.000 bis 800.000 Euro. Um zu verhindern, dass am Ende die Bürger diese Zeche zahlen, müssten die Gemeinden Maßnahmen ergreifen, das sei für ihn unerlässlich.
Wobei es natürlich immer auf die jeweilige Gemeinde, ihre Größe und Art der Beleuchtung und andere Faktoren ankommt. Und ganz sicher nicht zuletzt auch auf den notwendigen technischen Aufwand. Denn je nachdem können die Kosten für die Systemumstellung mögliche Einsparungen schnell auffressen. Deswegen macht beispielsweise die Gemeinde Büllingen nicht mit, wie letzte Woche im Gemeinderat mitgeteilt wurde.
Noch nicht alle startklar
Der Wille mitzumachen, reicht übrigens auch nicht, wie der Bürgermeister von Ath erklärte. Seine Gemeinde habe bereits zum 1. Oktober die Lichter nachts ausmachen wollen. Aber wegen technischer Schwierigkeiten sei man zunächst auf den 1. November und mittlerweile gar auf den 1. Dezember vertröstet worden. Bei Energie-Mehrkosten von 1.500 Euro pro Tag Verzögerung finde er das verstörend, hier müsse dringend einen Gang höher geschaltet werden.
Ath ist kein Einzelfall. Aufgrund des Aufwands und teils unterschiedlicher Wünsche von Gemeinden, die am gleichen Verteiler hängen, können erstmal wohl nur etwa 100 der 164 Gemeinden loslegen mit dem Stromsparen, die übrigen müssen sich noch in Geduld üben.
Und dann sind da noch Sicherheitsbedenken, die man öfter hört von Gemeindevertretern - einerseits wegen eines möglichen tatsächlichen Anstiegs von Straftaten, andererseits wegen einer Zunahme des subjektiven Gefühls der Unsicherheit. Deswegen hat beispielsweise die Brüsseler Stadtgemeinde Etterbeek ihre Entscheidung wieder gekippt. Jurbise nördlich von Mons hat beschlossen, auf keinen Fall beim Licht und der Sicherheit zu sparen, sondern lieber bei anderen Posten.
Andere Gemeinden hingegen wollen lieber die Probe aufs Exempel machen. Die Polizei sei natürlich auf dem Laufenden, sagte die Bürgermeisterin von Anderlues westlich von Charleroi. Dort wird analysiert, ob Unfälle oder Vergehen während einer Testperiode zunehmen - und notfalls soll die Entscheidung rückgängig gemacht werden.
Boris Schmidt
Neues aus Absurdistan: Die Beleuchtung wird also mitten in der Nacht abgeschaltet, also in der Zeitspanne, in der das Stromnetz am wenigsten belastet ist. Ja, ich weiss, anständige Leute schlafen um die Zeit, und die Brummifahrer und Schichtarbeiter haben dann halt Pech.