Die wichtigste Aufgabe des Staates sei, die Menschen zu beschützen, hatte Premierminister Alesander De Croo bei seiner "Rede zur Lage der Nation" erklärt. Physisch, aber auch wirtschaftlich und finanziell. Das Ziel seiner Regierung sei denn auch, den Energieschock für Bürger, Selbstständige und Betriebe abzufedern. Dazu werden bestehende Energie-Entlastungsmaßnahmen verlängert beziehungsweise ausgeweitet. Das kostet viel Geld, das irgendwo herkommen muss.
Hierzu hat die Regierung insbesondere die Übergewinne der Energiefirmen ins Visier genommen - sogar rückwirkend. Wenig überraschend sind die davon nur mäßig angetan. Man verstehe den Finanzierungsbedarf der Regierung und sei auch bereit, seinen Teil dazu beizutragen, erklärte etwa Marc Van den Bosch, Generaldirektor des Branchenverbandes der belgischen Strom- und Gasunternehmen (Febeg) in der VRT. Man stelle aber fest, dass Belgien bei der Abschöpfung der Übergewinne doch deutlich strenger vorgehen wolle, als dies von Europa empfohlen beziehungsweise vorgegeben sei.
Das könne sich auf die Investitionen und die Investitionssicherheit auswirken, die der Sektor für die Zukunft brauche. 2024 und 2025 seien große Investitionen notwendig, um etwa die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Bis 2030 solle dann der Ausstoß von Treibhausgasen stark reduziert werden, auch dafür seien hohe Investitionen nötig, in erneuerbare Energien und in eine bessere Energieeffizienz. Vor diesem Hintergrund habe die Febeg kein Verständnis für die zeitliche Dauer und die Höhe der Maßnahme. Man schließe auch rechtliche Schritte nicht aus, allerdings müsse man dafür erst die notwendigen Gesetzestexte analysieren, die die Regierung noch nicht vorgelegt habe.
Unzufriedenheit im Banken- und Versicherungssektor
Unzufrieden ist auch der Banken- und Versicherungssektor. Denn die Möglichkeit, die Bankensteuer von der Steuer abzuziehen, soll eingeschränkt werden. Außerdem sollen künftig die Nettoerträge besteuert werden statt der Bruttoerträge. Wenn die Banken mit 100 Millionen Euro zusätzlich besteuert würden, bedeute das, dass sie zwei Milliarden Euro weniger an Krediten vergeben könnten, warnte der Geschäftsführer des Bankenverbandes Febelfin, Karel Baert. Die Schlagkraft der Banken werde also durch die neuen Maßnahmen geschwächt. Man stehe vor einer schweren Wirtschaftskrise, da sei es doch umso wichtiger, die Banken ihre Rolle spielen zu lassen.
Die notwendigen Mittel für den neuen Doppelhaushalt werden aber auch teilweise anderen Bereichen weggenommen. So wird es etwa für das Gesundheitswesen weniger Mittel und Investitionen geben als ursprünglich vorgesehen. Ein Umstand, den zum Beispiel die sozialistische Krankenkasse Solidaris schon scharf kritisiert hat. Es sei beunruhigend, dass die Wachstumsnorm, also die jährliche Budgeterhöhung, für 2024 zusammengekürzt worden sei, so Solidaris-Generalsekretär Jean-Pascal Labille in der RTBF.
Man sei aber ebenfalls beunruhigt über die Reduzierung der Sozialbeiträge für 2023. Dabei gehe es um eine Milliarde Euro. Die Regierung erlässt für die ersten beiden Quartale den Arbeitgebern die Sozialbeiträge für die automatische Indexierung der Löhne. Damit sollen sie angesichts der durch die Indexierung gestiegenen Lohnkosten entlastet werden. Man wisse nicht, wie das ausgeglichen werden solle, so Labille, denn durch die Sozialbeiträge werde das Sozialsystem und zu einem großen Teil auch das Gesundheitswesen finanziert.
Heftige Kritik von Gewerkschaften
Von den Gewerkschaften kam ebenfalls umgehend heftige Kritik zu den Haushaltsplänen. Die Regierung habe vollkommen unnötige Maßnahmen beschlossen, wetterte etwa Marie-Helène Ska von der christlichen Gewerkschaft CSC. Die maximal erlaubte Arbeitszeit für Studenten zu erhöhen sei etwa ungerecht, sie arbeiteten ohnehin schon zu viel. Auch die Einschränkungen bei den Zeitkrediten für die Betreuung von Kindern seien schlecht. Das führe zu mehr Druck und könne mehr Langzeitkranke verursachen. Generell sei es auch unverständlich dass es noch immer so viele finanzielle Tabus gebe bei den Haushaltsverhandlungen. Deswegen werde etwa die Wertpapiersteuer nicht erhöht. Wenn man sich als Staat nicht die Möglichkeit gebe, neue Finanzquellen zu erschließen, dann fehle eben das Geld für Investitionen, so Ska.
Am Mittwoch findet in der Kammer die Debatte über die Regierungserklärung statt, Donnerstag folgt dann die Vertrauensabstimmung.
Boris Schmidt
Da sieht man doch wieder wie wir abgezockt werden, warum verdienen die Energieanbieter vom Strom, Gas und Kraftstoffe sich nun eine goldenene Nase, weil die Preise viel zu hoch sind.