Zur Erinnerung: Kaum war Hadja Lahbib im Amt, sah sie sich schon mit einer heftigen Polemik konfrontiert. Hintergrund war, dass sie in ihrem prä-ministeriellen Leben als Journalistin für eine Reportage auf die von Russland besetzte ukrainische Halbinsel Krim gereist war - mit einem russischen Visum. Auch dass sie dort ein Festival besuchte, das von einer Vereinigung organisiert wurde, der eine Tochter von Wladimir Putin vorstand, warf kein glückliches Licht auf die personelle Neubesetzung.
Kein Wunder, dass ihr diese Geschichte auch am Donnerstag wieder im Interview mit ihren ehemaligen Kollegen von der RTBF unter die Nase gerieben wurde. Die Krim-Geschichte sei doch schon vor ihrer Ernennung hinlänglich bekannt gewesen, so die Verteidigung Lahbibs, es seien vor allem die Opposition und die Medien gewesen, die dann versucht hätten, ihr öffentlichkeitswirksam einen Strick daraus zu drehen.
Ihre Krim-Reise habe nicht bedeutet, dass sie die Annexion der ukrainischen Halbinsel durch Russland anerkannt habe, unterstrich Lahbib erneut. Das sei mit der Ukraine selbst überhaupt kein Problem gewesen, sie habe den Sachverhalt ihrem ukrainischen Kollegen gegenüber zuerst per Brief und dann auch persönlich erklärt. Präsident Selenskyj habe sie auch persönlich eingeladen, gemeinsam mit Premierminister Alexander De Croo und Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder.
Ukraine unterstützen
Sie werde auch selbst in die Ukraine reisen, um ihre Unterstützung zu zeigen, sobald die wechselseitigen Terminkalender dies erlaubten und konkrete Projekte identifiziert seien, die Belgien vor Ort unterstützen wolle. Aktuell untersuche man etwa, wie man der Ukraine im Winter oder beim Schutz ihres kulturellen Erbes helfen könne. Militärisch habe man das Land ebenfalls unterstützt und untersuche, wie man das fortsetzen könne. Auch humanitär helfe man, etwa durch Geld für die Arbeit des Roten Kreuzes in dem überfallenen Land.
Das Treffen in Prag am Donnerstag will die Außenministerin derweil nicht als Machtdemonstration gegenüber Russland verstanden wissen. Vielmehr demonstriere das Treffen, dass das Teilen gemeinsamer Werte und Dialog immer der beste Weg seien, um zusammenzukommen. Es sei also ein starkes Signal sowohl an Russland als auch an seinen Verbündeten Belarus, dass sie dazu nicht eingeladen worden seien, so Lahbib.
Was den Kriegsverlauf in der Ukraine angeht und die erneuten auch nuklearen Drohungen aus Moskau, so nehme man diese ernst. Man verurteile die Drohungen aus Moskau auch. Aber eine Eskalation des Krieges wolle man um jeden Preis vermeiden, versicherte die Außenministerin. Belgien unterstütze im Zusammenhang mit der nuklearen Bedrohungslage etwa die Einrichtung einer neutralen Zone rund um die Atomkraftwerke in der Ukraine, etwa in Saporischschja, so wie das unter anderem die Internationale Atomenergie-Organisation IAEA vorschlage.
Lage im Iran
Ein anderer brisanter Hotspot ist dann aktuell auch wieder der Iran. Dort dauern die Unruhen nach dem Tod einer jungen Frau unter ungeklärten Umständen noch immer an. Sie war zuvor von der berüchtigten sogenannten "Sittenpolizei" verhaftet worden, weil sie ihr Kopftuch nicht exakt so getragen hatte, wie es die strengen religiösen Regeln vorschreiben.
Die Haltung Belgiens sei von Anfang an klar gewesen und habe sich auch nicht geändert. Sie habe den Tod von Mahsa Amini verurteilt. Sie habe den iranischen Außenminister auch aufgefordert, alles zu tun, um den Tod aufzuklären. Und auch, dass der Iran aufhören müsse, gewaltsam friedliche Demonstrationen zu unterdrücken, führte Lahbib aus.
Boris Schmidt