Belgien war bislang beinahe schon berühmt für seine Autobahnbeleuchtung. Fast nirgendwo auf der Welt gibt es diesen Luxus: Luxus, den man allerdings auch Lichtverschmutzung nennen kann. Denn Belgien leuchtet so hell, dass das Land mit das erste ist, was man aus dem Weltraum auf der sonnenabgewandten Seite der Erde sieht. Genau damit hatten übrigens auch einige Ufologen die Welle von unidentifizierten Flugobjekten erklärt, die Ende der 1980er und Anfang der 90er Jahre über Belgien beobachtet wurden. Nach dem Motto: "Die mutmaßlichen Besucher aus dem All müssen wohl Belgien für ganz wichtig gehalten haben, weil's dort so hell war".
Doch nun wird die Wallonie das Licht auf den Autobahnen ausknipsen. "Naja, nicht überall", betont aber in der RTBF Denis Cornet, der zuständige Direktor im wallonischen Ministerium für Mobilität und Infrastruktur. Man werde nur die Beleuchtung auf dem Mittelstreifen ausschalten - also quasi nur auf gerader Strecke.
In den Bereichen, in denen sich Auf- oder Abfahrten befinden, dort bleibe die Beleuchtung eingeschaltet. Im Ruhezustand mit 30-prozentiger Leistung - sobald das System ein Fahrzeug erfasst, werde die Beleuchtung kurzfristig auf 100 Prozent hochgefahren.
Heißt also: Die wirklich gefährlichen Stellen, die bleiben beleuchtet. Die Maßnahme gilt zwischen 22 und 5 Uhr. Die Abschaltung erfolgt schrittweise im Laufe dieser Woche und zwar von Osten nach Westen. In der Provinz Lüttich ist das Licht in der Nacht zum Dienstag schon ausgegangen.
Pro Jahr 400.000 Euro einsparen
Der Eine oder die Andere war da aber doch erstmal verwirrt, als er hinter Aachen nach Belgien reingefahren sei, da habe er erst an eine Panne geglaubt, sagte ein Autofahrer in der RTBF. Aber er verstehe die Maßnahme natürlich.
Die Maßnahme ist natürlich eine Reaktion auf die aktuelle Energiekrise. Die Wallonische Region will damit pro Jahr 400.000 Euro einsparen.
"Aber, wir bleiben flexibel", unterstreicht Denis Cornet vom wallonischen Ministerium für Mobilität und Infrastruktur. Wenn nötig könne man jederzeit die Beleuchtung punktuell einschalten - etwa, wenn die Polizei nach einem Unfall eine entsprechende Anfrage stellt.
Dennoch: So mancher wird die liebgewonnene Beleuchtung wohl doch vermissen. Und Frage ist, ob der gemeine wallonische Autofahrer denn auch mit den bald dunklen Autobahnen umgehen kann.
Kein Anstieg der Unfälle
Nun, wir haben ja schon Erfahrungswerte aus Flandern, sagte Benoit Godart vom Belgischen Institut für Straßenverkehrssicherheit, Vias, in der RTBF. Flandern hat ja schon 2011 rund ein Drittel seiner Autobahnbeleuchtung abgeschaltet. Man hat da eigentlich keinen Anstieg der Zahl der nächtlichen Verkehrsunfälle festgestellt. Eher im Gegenteil, sagt Benoit Godart: 2011 ereigneten sich noch 19 Prozent aller Unfälle auf den flämischen Autobahnen in der Nacht, im vergangenen Jahr waren es 18 Prozent.
Dafür gibt es auch Erklärungsansätze. Natürlich gibt es Nachteile, die auch auf der Hand liegen, sagt Benoit Godard von Vias. Kurz und knapp: Man sieht eben nicht mehr so gut. Aber das hat auch positive Nebeneffekte. So kann man feststellen, dass die Verkehrsteilnehmer langsamer fahren, eben weil die Sicht nicht mehr so gut ist. Und sie sind auch konzentrierter.
Fazit, sagt Benoit Godard: Im Großen und Ganzen halten sich Vorteile und Nachteile die Waage. Entsprechend rechneten die Fachleute nicht mit einer Verschlechterung der Verkehrssicherheit.
Frage ist, ob die wallonischen Autobahnen ab jetzt dunkel bleiben werden. Denn, wer darauf geachtet hat, der weiß, dass die meisten Leuchtmasten kürzlich erst ersetzt wurden und zwar durch Led-Lampen, die sich nicht nur viel leichter an spezielle Bedingungen anpassen lassen, sondern auch viel sparsamer sind. Wer weiß: Vielleicht gibt die Autobahnbeleuchtung vielleicht irgendwann doch nochmal ihr Comeback.
Roger Pint