Wie bei so vielen neuen Plattformen der sogenannten "Sharing economy", also der Teil-Wirtschaft, hatte man auch bei den Miet-E-Scootern lange den Eindruck, in einem vollkommen gesetzlosen Raum, einer Art Wildem Westen, zu leben. Ein Eindruck, zu dem sicher auch so manche Benutzer der populären ausleihbaren Roller beigetragen haben, etwa durch ihr rücksichtsloses, um nicht zu sagen asoziales Verhalten gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern.
Das und auch die schiere Anzahl hat seit der Einführung der Roller vor einigen Jahren zu einem steilen Anstieg der Unfälle geführt. Schließlich sah sich der Gesetzgeber gezwungen, einzugreifen, um das Rollen in Belgien in geordnetere Bahnen zu lenken. Dazu hat der Föderalstaat verschiedene strengere Regeln eingeführt, die seit dem 1. Juli in Kraft sind.
So dürfen seitdem nur noch Über-16-Jährige die Miet-Roller benutzen. Auch ist nur noch eine einzelne Person auf den Maschinen zugelassen, Passagiere mitnehmen ist explizit verboten. Außerdem dürfen die Roller auch nicht mehr auf dem Bürgersteig fahren. Soweit zumindest die Theorie, in der Praxis sieht das leider noch immer oft anders aus.
Begrenzung der Geschwindigkeit funktioniert
Was besser funktioniert, das ist die angeordnete Begrenzung der Geschwindigkeit - aus einem einfachen Grund: Die kann von den Vermietungsunternehmen aus der Ferne gesteuert und für verschiedene Bereiche spezifisch angepasst werden - so geschehen auch in Brüssel. Hier liegt die Höchstgeschwindigkeit mittlerweile bei 20 Kilometern pro Stunde, in den Fußgängerzonen im Zentrum und bestimmten anderen Orten sogar nur noch bei acht Kilometern pro Stunde.
Was aber nicht geregelt ist, ist, was mit den Miet-Rollern passiert, wenn sie gerade nicht benutzt werden. Das sei im Moment ein absoluter Dschungel, beklagte sich Boris Dilliès in der RTBF. Der MR-Bürgermeister meint damit die überall vollkommen plan- und rücksichtslos geparkten Roller in Uccle. Wobei das natürlich kein Einzelfall ist, das Chaos auf Bürgersteigen, Radwegen, Grünstreifen und allen möglichen und unmöglichen anderen Flächen findet man auch in den anderen Brüsseler Stadtgemeinden, insgesamt soll es in der Region 20.000 der Miet-Scooter geben.
Die sind keinesfalls nur ein optisches Problem, sie stellen eine Gefahr und Hindernisse dar für Fußgänger, Radfahrer, Menschen mit Behinderungen, alte Menschen, Eltern mit Kinderwagen und so weiter. Die überall herumstehenden beziehungsweise oft herumliegenden Scooter seien einerseits auf die Rücksichtslosigkeit und Achtlosigkeit der Benutzer zurückzuführen, so Dilliès. Aber auch darauf, dass die zuständige Region Brüssel-Hauptstadt hier noch immer keinen gesetzlichen Rahmen erlassen habe. Dabei fordere man genau das seit fast zwei Jahren. Noch länger warten wollte die Gemeinde jetzt nicht mehr.
Keine Miet-Roller mehr in Uccle zur Verfügung stellen
Er habe alle Vermietungsplattformen aufgefordert, keine Roller mehr zur Verfügung zu stellen auf dem Boden seiner Gemeinde, so der Bürgermeister. Alle abgestellten Miet-Scooter müssten binnen zehn Tagen verschwinden. Das gelte zumindest bis die Region einen Rahmen festgelegt habe mit festen Park- und Abstellzonen für die Roller. E-Scooter in Privatbesitz und Fahrten, die nur durch die Gemeinde hindurch gingen, seien davon nicht betroffen.
Bisher habe Uccle versucht, der Situation Herr zu werden, indem Gemeindemitarbeiter im Weg stehende Roller eingesammelt hätten. Aber die Roller auf eigene Kosten einfach immer nur wieder zu entfernen sei nicht länger praktikabel und auch nicht die Aufgabe einer Gemeinde, so Dilliès. Weder Nutzer noch Betreiber zeigten Einsicht, dass die Praxis des Wildparkens andere gefährde. Deswegen werde Uccle zwar mit dem Einsammeln weitermachen, aber mit dem Ziel, die Scooter nicht mehr zurückzugeben, sondern sie schlicht zu beschlagnahmen - dafür suche man gerade nach einer geeigneten gesetzlichen Handhabe - bis eben Ordnung herrsche auf den Straßen und Wegen.
Aus dem Kabinett der Brüsseler Mobilitätsministerin Elke Van den Brandt (Groen) hieß es derweil, dass die notwendigen Texte in Arbeit seien, die das Abstellen der Miet-Roller zum Beispiel nur in dafür vorgesehenen Zonen ermöglichen sollen. Eine erste Lesung im regionalen Ministerrat sei noch für diesen Monat vorgesehen.
Boris Schmidt