"Wir drohen in eine regelrechte Kriegswirtschaft zu schlittern, mit allen Folgen, die damit verbunden sind". Drastische Worte von Premierminister Alexander De Croo. Kriegswirtschaft, das bedeutet, dass industrielle Produktion in Kriegszeiten umorganisiert, also der aktuellen Lage quasi untergeordnet wird.
Konkret bedeutet das eben auch unter anderem, dass priorisiert wird, also dass nicht mehr alle Unternehmen gleich wichtig sind. Kurz und knapp: Mit einer normal funktionierenden Wirtschaft hat das nicht mehr viel zu tun.
Auf eine "Kriegswirtschaft" umschalten: Das würden die EU-Länder freilich nicht tun, weil sie direkte Kriegspartei sind, sondern weil äußere Umstände sie dazu zwingen. Und diese äußeren Umstände, das sind natürlich die hohen Energiepreise.
Einzelne Länder stoßen an ihre Grenzen
"Und hier muss die EU-Kommission eingreifen", unterstrich der Premierminister nochmal in der VRT. Die einzelnen Länder haben da zu wenig Handlungsspielraum. Und zugleich stoßen die Regierungen jetzt langsam an Grenzen. "Wir schaffen das nicht mehr, die Regierungen nicht und auch nicht die Bevölkerungen", sagte Alexander De Croo.
De Croo habe zu den ersten gehört, die bereits im März auf EU-Ebene für eine Deckelung der Energiepreise plädiert haben, sagt De Croo. Das sage er jetzt nicht, um sich zu brüsten, sondern weil er aufrichtig wütend sei. Wütend darüber, dass es so lange dauern musste, bis die Kommission jetzt endlich signalisiert, dass sie verstanden hat, dass sie jetzt aktiv werden und eingreifen muss, um die europäischen Bürger zu schützen.
Die EU-Kommission hatte in der vergangenen Woche angekündigt, dass sie eine Reform des Strommarktes plane. Viel wichtiger wäre aber wohl eine Gaspreisbremse. An diesem Freitag ist ein Sondertreffen geplant, bei dem die EU-Energieminister über die Lage beraten sollen.
Die Erwartungen sind riesig. Doch warnen Experten davor, dass die EU so ein schwerfälliger Pott sei, dass man da kurzfristig wohl wenig erwarten dürfe.
Premier De Croo sieht das anders. "Wir sind die EU, ein Block von 450 Millionen Einwohnern. Und wir können auch mal sagen: 'Es reicht, das bezahlen wir nicht mehr'".
Schwierige Winter
Mit einer anderen, nicht ganz so optimistischen Aussage hatte Alexander De Croo vor zwei Wochen sogar über die Grenzen hinaus für Schlagzeilen gesorgt: "Wir stehen vor fünf, vielleicht auch zehn schwierigen Wintern", sagte De Croo und erntete damit viel Kritik.
Der belgische Premier schüre nur noch zusätzlich Panik, beklagte etwa der Europachef des Stahlkonzerns Arcelor Mittal in der Zeitung De Tijd. Er bleibe aber bei seiner Aussage, sagte De Croo. Denn das sei nunmal die Wahrheit. Und die werde man doch wohl noch beim Namen nennen dürfen.
Als EU an einem Strang ziehen
Fünf schwierige Winter, wenn wir die Lage irgendwann in den Griff bekommen und ansonsten werden es eben auch zehn schwierige Winter. Er habe da aber auch noch was hinzugefügt, nämlich: "Wir können das schaffen!"
Es ist also gewissermaßen De Croos ganz persönlicher "Wir schaffen das"-Moment. "Wir", das sind wir alle: Die EU, die Mitgliedstaaten, die Regierungen, die Bürger. "Wenn wir alle an einem Strang ziehen, dann kann Europa das schaffen", sagt De Croo. "Mehr noch: Das Ganze kann auch eine Chance sein: Wir können auch einen Sprung von 20 Jahren machen, nämlich dann, wenn wir es schaffen, uns schneller als gedacht von fossilen Brennstoffen zu verabschieden und nicht mehr Handel zu treiben mit unangenehmen Partnern".
Aber solche Perspektiven helfen den Menschen im Moment nicht, ihre Rechnungen zu bezahlen. "Wir, das heißt alle Regierungen des Landes, wir tun, was wir können", betont De Croo. Doch bleibt er dabei: Nur die EU könne wirklich für Abhilfe sorgen. Es mag also so aussehen, als werde das besagte Sondertreffen am Freitag zu einem wirklichen Schlüsselmoment.
Roger Pint
Kommt davon, wenn man Realitätsverweigerung betreibt, das Offensichtliche ausblendet und weiter utopischen Fantasien nachhängt.
Die Energiewende ist mit Ach und Krach gescheitert und muss nicht vorangetrieben, sondern sofort korrigiert werden.
Der Anteil erneuerbarer Energien sollte bei 20 Prozent liegen, der Rest muss aus sicheren Energiequellen stammen.
Sollte es irgendwann möglich sein Strom in ausreichender Menge zu speichern, kann das Projekt weiter vorangetrieben werden, sonst nicht.
Genügend Fachleute haben gewarnt, die Politik wusste es mal wieder besser.
Die Rechnung liegt auf dem Tisch und für die Schwachen wird sie unbezahlbar sein.
Sie zahlen für Fantasten, die andächtig und devot vor Wohlstandsgören salutiert und klimrettungsbesoffen die Energiesicherheit geopfert haben.
Herr Decker, Sie meinen die "Energiesicherheit", die wir gerade dank Putin genießen, der das Gashähnchen mal eben auf- und zudreht wie ihm gerade der Sinn steht und dadurch die Energiepreise in der EU explodieren lässt und den Hybridkrieg zu uns allen bringt? Auf so etwas wollen Sie sich verlassen?
Und die "sichere" Energiequelle der Atommeiler, die allmählich ihr Lebensalter erreicht haben, in die kein seriöser Investor noch Geld anlegen will, und die unabsehbare Kosten und Gefahren für Generationen verursachen?
Fragt sich, wer hier "besoffen" ist...
Richtig, vollkommen richtig!
Die alten AKWs hätten schon längst durch neue und leistungsfähigere ersetzt werden müssen. Das wurde nicht gemacht. Ich stimme zu.
Wer hat es nicht gewollt? Alle, die glaubten, dass Putin nicht das Rädchen auf und zu dreht und das waren viele.
Unvergessen das dumme Grinsen deutscher Spitzenpolitiker, als ausgerechnet Donald Trump ihnen die heutige Situation prophezeit hatte.
In der jetzigen Situation könnten wir weitaus besser dastehen, wenn eine Energiepolitik mit Verstand gemacht worden wäre anstatt mit ideologischen Scheuklappen.
"Die alten AKWs hätten schon längst durch neue und leistungsfähigere ersetzt werden müssen."
"hätten müssen"?
Die Franzosen hatten das durchaus rechtzeitig erkannt und schon 2007 mit dem Bau eines neuartigen EPR-Reaktors begonnen, geplante Fertigstellung 2012. Jetzt, 10 Jahre später werkelt man immer noch daran herum.
Von dem Schnellen Brüter, den die Gegenpoler so vehement propagieren, ist nirgendwo etwas in Sicht.
Und von den sagenhaften SMR, die Macron, neben "neuen" EPR (Flamanville, "un fiasco", war wohl noch nicht Lehrgeld genug?) in Serie bauen lassen will, mit Staatsknete abgesichert (s. an anderer Stelle) gibt es auch noch keinen tauglichen Prototypen. Der soll frühestens 2030 kommen.
"Energie nucléaire: que sont les SMR qu'Emmanuel Macron veut lancer d'ici 2030?"
(ici 11/02/2022)
Hinkley Point, dasselbe Fiasko."Da der Bau aufgrund der hohen Investitionskosten wirtschaftlich nicht rentabel ist, hatte EDF als Bedingung für einen Bau staatliche Subventionen in Form eines garantierten Stromabnahmepreises verlangt."
(Wikipedia)
Toll, was?
Der erste « Atomaustieg » in Belgien wurde von einer liberalen Regierung 2003 für 2015 angesetzt. Das war die Regierung Verhofstadt . Dieser „Ausstieg“ wurde dann 2015 von der Regierung Di Rupo um 10 Jahre verschoben, auf 2025. Jetzt wird wieder eine liberale Regierung unter De Croo den Ausstieg um weitere 10 Jahre verschieben. Politiker und Journalisten sind Gefangene ihrer eigenen Narrative dass man mit bewegter Luft und zeitweiligem Sonnenschein die KKW ersetzen kann. Das ist physikalischer Irrsinn, immer wenn der Tag X ansteht schlägt die Physik unerbittlich zu und man muss „verlängern“. Das wird auch 2035 so sein, unsere Politik- und Medienkaste ist bei dem Thema absolut lernresistent....
Bis Tihange explodiert. Dann kommt Freude auf!!!